Dem Rechnungshof quietscht’s nicht genug

Behörde sieht Erfolge bei der Konsolidierung des Landeshaushalts. Sie rügt aber die „Verschwendung“ öffentlicher Mittel, etwa für das Sozialticket

Behördenchef: „Das Konsolidierungs-regime muss fortgesetzt werden“

von RICHARD ROTHER

Ein Ende des harten Sparkurses ist in Berlin nicht in Sicht, selbst wenn das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe der Hauptstadt Entschuldungshilfen zubilligen sollte. So sieht es jedenfalls der Landesrechnungshof, der gestern seinen Jahresbericht für 2005 vorstellte. „Wie auch immer Karlsruhe entscheidet: Das Konsolidierungsregime muss fortgesetzt werden“, so Behördenchef Jens Harms. Zudem rügte Harms, dass Berlin durch vermeidbare Ausgaben und nicht erreichte Einnahmen rund 32 Millionen Euro verschwendet habe. Dazu zählt der Rechnungshof unter anderem die Kosten für das Sozialticket, das der rot-rote Senat 2005 eingeführt hatte.

Eine haushalterische Stabilität ist nach Ansicht von Harms noch lange nicht in Sicht, auch wenn der Senat 2008 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen will, wobei Zinsausgaben allerdings nicht berücksichtigt sind. In den kommenden Jahren gebe es noch hohe Belastungen und Risiken. Besonders schwer wiege der sukzessive Wegfall der Solidarpaktmittel. Weitere Risiken in den kommenden Jahren liegen nach Harms’ Ansicht in den städtischen Wohnungsbaugesellschaften und bei der so genannten Risikoabschirmung für die Bankgesellschaft. Zudem drohten hohe Zahlungen an die Wasserbetriebe, die Geld für Entwässerungsmaßnahmen einklagten, und die Erstattung von Rückmeldegebühren an den Unis.

Als ein besonderes Problem bezeichnete Harms die „unangemessen“ hohen Leistungen an Vorstände und Geschäftsführer von landeseigenen Unternehmen. So hätten die Zahlungen für die betriebliche Altersversorgung das „übliche Maß bei weitem“ übertroffen. Die Manager von drei Landesbetrieben hätten ihre Jahresbezüge in den vergangene zehn Jahren erheblich steigern konnten. Auch seien erfolgsabhängige Zahlungen geleistet worden, ohne dass die Zielvereinbarungen vorgelegen hätten. Zudem seien teilweise unangemessen hohe Abfindungen für ein vorzeitiges Ausscheiden gezahlt worden.

Als weiteres Problem nannte Harms Unkorrektheiten bei den Ausschreibungen für öffentliche Aufträge. So wurden 2004 nur noch 19 Prozent aller öffentlich vergebenen Bauaufträge ausgeschrieben. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und der Korruptionsprävention sei dies nicht hinnehmbar.

Das Berliner Sozialticket, das den Arbeitslosengeld-II-Empfängern zusteht, möchte der Rechnungshof abschaffen. Für diese Menschen sei nicht mehr das Land Berlin, sondern die Bundesagentur für Arbeit zuständig, so Rechnungshofchef Harms. Die Leistungen der Bundesagentur umfassten auch den Mobilitätsbedarf der Betroffenen. Die entsprechenden Ausgaben von 4,8 Millionen Euro für das vergangen und 5,5 Millionen Euro für dieses Jahr seien daher ungerechtfertigt. Dass sich Betroffene von dem Geld, das in deren Regelbedarf für Mobilität vorgesehen ist, nur zehn Einzelfahrscheine pro Monat leisten könnten, ist dem Rechnungshof egal.

Abschaffen möchte Harms auch eines von zwei Studienkollegs, die Vorbereitungslehrgänge für ausländische Studienbewerber durchführen. Die Kollegs würden von den Betroffenen immer weniger nachgefragt.

Wichtige Projekte der Berliner Verwaltung seien noch verbesserungswürdig, kritisierte Harms. So agiere die zum Jahresbeginn 2004 eingerichtete Stellenbörse zur Vermittlung von „Überhangkräften“ des Senats bislang nur wenig erfolgreich. Von den seit Mai 2004 zum so genannten Zentralen Personalüberhangmanagement versetzten 4.641 Angestellten seien bis Ende 2005 lediglich 466 auf feste Stellen vermittelt worden.