„Im Unklaren“

Unter bezahlten Beiträgen bei öffentlich-rechtlichen Sendern leidet der Zuschauer am meisten, sagt NDR-Journalist Kuno Haberbusch („Zapp“)

Perfekter Service, zufriedene Kunden – ein positives Image in TV-Beiträgen öffentlich-rechtlicher Sender ist deutschen Behörden einiges wert, berichtete „Zapp“ am Mittwoch, allein der Bundesagentur für Arbeit jährlich 150.000 Euro. Die Recherchen des NDR-Medienmagazins brachten die Beschuldigten in Erklärungsnot. Die Deutsche Rentenversicherung etwa hat die Kritik an ihren Medienkooperationen mit Verweis auf ihren gesetzlichen Informations- und Aufklärungsauftrag zurückgewiesen.

taz: Herr Haberbusch, die im „Zapp“-Beitrag genannten ARD-Sender haben sehr pikiert reagiert. Der MDR nennt ihn „tendenziös“. Was ist da dran?

Kuno Haberbusch: Diesen Vorwurf habe ich auch gelesen. Wenn der MDR den Beitrag tatsächlich für tendenziös halten sollte, wäre ich für sachdienliche Hinweise dazu dankbar – die vermisse ich bislang. „Zapp“ hat lediglich auf ein paar Fakten hingewiesen. Was daran tendenziös sein sollte, erschließt sich mir nicht.

Der MDR erklärt, „eine Einschränkung der journalistischen Darstellungsfreiheit“ habe „zu keinem Zeitpunkt“ stattgefunden – hätte also auch ohne Zuschuss so berichtet.

Und wieso nimmt man dann Geld dafür, wenn man’s selber so sieht?

Der RBB, bei dem Beiträge der Deutschen Rentenversicherung (DRV) liefen, nennt so etwas social spots, da es hier ja um Service rund um die Rente ging.

Da sagen aber schon in unserem Beitrag die Fachleute: Es kann kein social spot sein, denn die Deutsche Rentenversicherung ist eine staatliche Organisation. Und diese DRV erklärt selbst, sie wolle nicht, das der Zuschauer erkennt, dass es von uns kommt. Der DRV-Pressesprecher tritt ja in diesen Beiträgen höchstpersönlich als Rentenexperte auf. Da werden die Zuschauer über wichtige Hintergründe im Unklaren gelassen.

Der HR, bei dem das DRV-Material auch läuft, sagt jetzt aber, jeder Beitrag werde von einer Redaktion abgenommen …

Stimmt. Dann allerdings muss sich der HR nach seinem journalistischem Selbstverständnis fragen lassen. Der HR hat uns gegenüber jegliches Interview leider abgelehnt.

Welche Konsequenzen sollten daraus folgen?

Wissen Sie, wir bei „Zapp“ wollten lediglich dokumentieren, was sich derzeit abspielt. Das Schöne an dem Beitrag war, dass die Betroffenen von sich aus erklärt haben, wie es läuft, weil sie kein Unrechtsbewusstsein haben. Es ist natürlich nicht mein Job als Journalist, Dinge zu fordern. Aber ich glaube schon, dass jetzt nicht nur in der ARD eine Diskussion darüber beginnt, was zulässig ist und was nicht.

Die bisherigen Reaktionen der betroffenen Sender klingen aber ganz anders.

Wir haben dokumentiert. Wie die Sender das jetzt bewerten, ist deren Job. Nur: Eine tendenziöse Berichterstattung lassen wir uns nicht unterstellen, auch nicht von Seiten des MDR. Dann sollen sie Ross und Reiter nennen.

Hätten Sie den Beitrag auch machen können, wenn der NDR betroffen gewesen wäre?

Ja. In diesem Fall – ja. Wir haben in „Zapp“ auch Schleichwerbefälle beim NDR enthüllt. Das gehört dazu, wenn man sich kritisch mit Bild, mit RTL, mit Sat.1, meinetwegen auch mit der taz beschäftigt. Da muss man auch gucken, was los ist im eigenen Laden. Wir können unser System nicht ausblenden. INTERVIEW: STEFFEN GRIMBERG