Spitze schasst WASG-Abtrünnige

Mit sofortiger Wirkung hat der Bundesvorstand der WASG gestern seine rebellischen Landesvorstände von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern des Amtes enthoben. Und zumindest der Berliner Landesvorstand akzeptiert diesen Beschluss offenbar: Nur zwei Minuten nachdem der Bundesvorstand die Öffentlichkeit informiert hatte, verschickten die abtrünnigen Berliner eine Mail mit einer Stellungnahme, in der sie zwar ankündigten, den Beschluss juristisch anzufechten. Auf dem Absender der Mail stand jedoch bereits: der „abgesetzte Landesvorstand“.

Ein Tag zuvor hatte sich der Bundesvorstand im fränkischen Fürth getroffen. Das Votum des 16-köpfigen Bundesvorstands war eindeutig. Mit nur einer Gegenstimme stimmte er für die Entmachtung. „Es gab noch mal die eine oder andere kritische Diskussion“, sagte Bundesvorstandsmitglied Klaus Ernst. Es sei jedoch klar gewesen, dass sich der Vorstand nicht über den Beschluss des Bundesparteitags hinwegsetzen würde.

Wenn auch mit nur knapper Mehrheit hatten die Delegierten beim Ludwigshafener Parteitag zwei Wochen zuvor dafür gestimmt, konkurrierende Wahlantritte von Linkspartei und WASG auszuschließen. Da sich die Landesvorstände in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern diesem Beschluss weiterhin widersetzten, habe der Bundesvorstand zu dieser Maßnahme greifen müssen. „Schön ist es nicht“, sagte Ernst. Um den Parteibildungsprozess nicht zu gefährden, habe es nach Abwägung aller juristischen und politischen Risiken jedoch keine andere Wahl gegeben. Ernst: „Der ganze Laden wäre uns um die Ohren geflogen.“ In beiden Landesverbänden hat der Bundesvorstand nun kommissarische Leiter eingesetzt. Deren erste Aufgabe: die bereits eingereichten Wahlvorschläge für die September-Wahlen unverzüglich zurückziehen.

Juristisch bezieht sich der Bundesvorstand auf die Parteisatzung, nach der ein Landesvorstand abgesetzt werden kann, sobald er gegen die Parteigrundsätze verstößt. Die Fusion der WASG mit der Linkspartei sei schließlich auf zwei Urabstimmungen beschlossen worden.

Das sieht Lucy Redler, Wortführerin des abgesetzten Berliner Landesvorstands, freilich anders. „Dieses Vorgehen hat nichts mit der demokratischen Kultur der neuen Linken zu tun. Es zeugt viel mehr von der autoritär-zentralistischen Kultur, an der die alte Linke gescheitert ist.“ Für Redler ist der eigenständige Antritt bei den Berlin-Wahlen damit keineswegs vom Tisch. Sie gibt sich zuversichtlich, dass die Entmachtung juristisch keinen Bestand haben werde.

Viel Zeit bleibt den störrischen Berlinern nicht. Bereits am Mittwoch will der Landeswahlleiter über die Zulässigkeit der eingereichten Wahlbeteiligungsanzeigen entscheiden. Schaffen es Redler & Co. nicht, den Bundesvorstandsbeschluss aufzuheben, soll der Landeswahlleiter bereits erklärt haben, dass er die vom Landesvorstand eingereichten Wahlvorschläge erst gar nicht prüfen werde. Geschlagen geben wollen sich die Berliner Rebellen aber auch dann nicht. Kämpferisch rief Redler ihre Genossen dazu auf, in der Partei zu bleiben. FELIX LEE