Wowereit wird Pantoffelheld

Der Regierende besucht mit Brandenburgs Ministerpräsident Platzeck eine Schule in Kreuzberg. Die Schüler sind angetan – auch weil der Besuch die Schulregeln befolgt

Sie haben auf die Prominenz gewartet: Drei Schülerinnen stehen mit großen Tüten blauer Plastikschuhe in der Eingangshalle der Kreuzberger Hunsrück-Schule bereit. „Wir sind eine Hausschuh-Schule“, hallt es den Politikern entgegen. Klaus Wowereit und Matthias Platzeck bekommen jeweils ein Paar Plastiküberzieher in die Hand gedrückt. „Das werden ja wieder tolle Fotos“, meckert Wowereit, stülpt die Pantoffeln aber folgsam über.

Der Regierende Bürgermeister Berlins und Brandenburgs Ministerpräsident (beide SPD) sind auf Stippvisite in der Grundschule. Hintergrund ist eine Reihe gemeinsamer Besuche in Berlin und Brandenburg, mit der die Landeschefs für die Fusion ihrer Bundesländer werben. Jetzt steht Kreuzberg auf dem Programm; zusätzlich zur Schule besichtigen sie ein Unternehmen und das Quartiersmanagement am Mariannenplatz.

In der Grundschule herrscht helle Aufregung ob der berühmten Gäste. „Da kommt er“, ruft ein etwa Zehnjähriger und zückt Blatt und Stift: „Wie sieht er denn aus?“, fragt sein Freund mit gleicher Ausrüstung. Mit ihrem Tross halten die beiden Landesoberhäupter Einzug im Foyer der Schule. Die beiden Autogrammjäger schaffen es, sich zwischen den Beinen der Erwachsenen hindurchzudrücken und ihre kleinen Zettel Wowereit und Platzeck hinzuhalten. Die beiden unterschreiben brav. „Schnell hoch, das erzähl ich den andern.“ Schon sind die beiden Jungen im Treppenhaus verschwunden.

Schulleiter Mario Dobel hält einen dicken Stapel Papier in der Hand. Er will Wowereit und Platzeck über das Schulkonzept und die Situation im Kiez berichten. Eine Ganztagsschule ist die Hunsrück-Grundschule, mit 440 SchülerInnen, 68 Prozent davon mit nichtdeutscher Herkunftssprache. Dass Ganztagsunterricht für Lehrer und Schüler anstrengend ist, erfahren die Politiker von Lehrerin Andrea Klose.

Im zweiten Stock besuchen die Landeschefs eine Deutschklasse. Skeptisch beobachten die Zweitklässler, wie sich die großen Männer auf die kleinen Stühle zwängen. „Was macht ihr denn da?“, fragt Wowereit. Eine Schülerin erklärt ihm die Regeln des Lernspiels. Derweil ist Platzeck mit seinen Sitznachbarn schon ins Spiel eingestiegen. Er organisiert, wer am Zug ist. Fünf Minuten später ist der Tross ins nächste Klassenzimmer weitergewandert. Die Kinder nehmen ihr Spiel gelassen wieder auf.

„Gott sei Dank, das haben wir geschafft“, sagt Lehrerin Klose, als die Männer in den dunklen Anzügen das Schulgebäude verlassen. „Aber wir haben das doch ganz gut hingekriegt.“ Und auch der Fußboden ist sauber geblieben. Silke Kohlmann