Das fliegende Klassenzimmer flimmert im Kosovo

Eine junge Produktionsfirma aus Münster zeigt in Prishtina deutsche Filme. Im letzten Jahr liefen einige der Streifen nach dem Festival einfach in den Kinos weiter

Im Kosovo war „Good bye Lenin“ der Renner. Hierzulande streiten sich die Geister, ob man derart launig von der Ex-DDR erzählen sollte, wie es Wolfgang Becker getan hat – aber das ist ein anderes Thema. Als der Streifen im vergangenen Jahr zur Eröffnung der Deutschen Filmwoche im Kosovo lief, war das Publikum jedenfalls hin und weg. Prompt wurde der Film im Anschluss an das Festival noch zwei Wochen in der Hauptstadt Prishtina gezeigt. In einigen Tagen nun beginnt die zweite Filmwoche. Wieder wird ein Querschnitt deutschen Filmschaffens präsentiert. Und wieder laufen alle Strippen in Nordrhein-Westfalen zusammen: bei der jungen Produktionsfirma „netz werk film“ in Münster.

Ihre Kontakte in den Kosovo haben die Geschäftsführer Florian Gottschick und Carsten Happe vor Jahren über Freunde und Bekannte geknüpft. Es folgten Reisen, Gespräche mit dort beheimateten Filmemachern, bis die Idee der Filmwoche geboren war. Kein richtiges Novum, gab es bereits eine französische und eine britische Filmwoche. Aber immerhin: Mit 1.400 Besuchern hatte die erste Deutsche Filmwoche die Zahlen der französischen gleich ums Doppelte überboten. Im Kino saßen deutsche Soldaten, Kosovaren, die zur Zeit des Krieges nach Deutschland geflüchtet waren, aber auch Menschen, die sich schlicht für deutsche Filme interessieren – die mit eigens angefertigten Untertiteln vorgeführt werden. Soldaten sitzen übrigens nicht nur im Publikum – sie helfen auch dabei, dass die Filme aus Deutschland in Prishtina ankommen. Es sei schwer, eine Spedition zu finden, die Transporte in den Kosovo anbietet, erzählt Gottschick. Und teuer wäre das obendrein. Also hilft der Bund, die mehrere Kilo schweren Filmrollen zu exportieren, auf denen sich diesmal sowohl leichte Kost befindet – „Sommer vorm Balkon“, „Crazy“, „Das fliegende Klassenzimmer“ –, als auch tiefer gehende Werke, etwa Fatih Akins fabelhaften Spielfilm „Gegen die Wand“. Und dass zur Eröffnung eine Filmfestivals in einem kriegsgeplagten Land das Film gewordene Soziologie-Proseminar „Die fetten Jahre sind vorbei“ läuft, findet Gottschick nicht weiter problematisch. Der Eröffnungsfilm müsse bestimmte Voraussetzungen erfüllen, einerseits von den Deutschen erzählen, andererseits dürfe er „nicht aufs Gemüt drücken“.

Aber es wird freilich nicht nur eine Woche lang geglotzt. Mittels Podiumsdiskussionen wollen Gottschick und Happe auch den Austausch zwischen deutschen Filmemachern und jenen aus dem Kosovo fördern. Geschichten haben Letztere in jedem Fall zu erzählen, sei es aus dem Krieg oder aus der Zeit danach. Und wenn sich die Filmwoche dort erst einmal eingespielt hat, dann wollen die beiden Filmemacher aus Münster deutsches Filmgut auch nach Mazedonien und Norwegen exportieren. Das steht aber noch in den Sternen.BORIS R. ROSENKRANZ

Deutsche Filmwoche im Kosovo29. Mai bis 4. Juni 2006Infos: www.netzwerkfilm.de