der rechte rand
: Wer mitzählt, ist verdächtig

Seit längerem ermittelt die Braunschweiger Polizei wegen rechtsextremer Straf- und Gewalttaten – nicht nur gegen die rechte Szene: Einer linken Jugendgruppe wird „Vortäuschung von Straftaten“ vorgeworfen. „Die Ermittlungen laufen“, bestätigt Polizeisprecher Joachim Grande. Der Anlass: Die sozialistische Jugendorganisation „Die Falken“ wies mit einer Presserklärung und einer Chronik auf neonazistische Übergriffe in der Stadt hin.

Während die Bundespolitik derzeit zögernd die Existenz von „Angsträumen“ einräumt, scheint die Polizei in Braunschweig mit der Dokumentation rechter Gewalt so ihre Schwierigkeiten zu haben. Die „unvollständige Chronik“ missfalle, sagt der „Falken“-Bezirksvorsitzende, Bastian Zimmermann. Alleine 24 Taten listet die SPD-nahe Organisation für den Zeitraum Februar bis April 2006 auf. Ein Übergriff von etwa 20 Rechten auf acht Besucher des „Beat Club“, ein Brandanschlag auf das Jugendbüro im DGB-Haus sowie das wiederholte Demolieren des Kinderzentrums der „Falken“ – nur drei der Vorfälle. Sieben Fälle indes „sind nur zur Anzeige gebracht worden“, beschwert sich Polizeisprecher Grande. Bei den anderen vier Taten bezweifelt er einen rechten Hintergrund.

Den wollte eine Ermittlerin auch zunächst nicht wahrhaben, erzählt Zimmermann. Vor gut drei Wochen erstattete er Anzeige, nachdem sein Auto mit Hakenkreuzen und „linke Sau“ beschmiert worden war – dieser Vorfall war Polizeisprecher Grande noch gestern nicht bekannt. Den „Falken“ wirft er vor, „Angst zu schüren“. Vor allem ärgert ihn, dass es „keine Kooperation“ gebe. Denn manche Straftaten der Chronik könne die Polizei nur mit weiteren Angaben verfolgen. „Wir haben die uns betreffenden Vorfälle zur Anzeige gebracht“, erwidert Zimmermann. Einige Informationen seien aber auch anonym eingegangen. „Ob die Betroffenen Anzeige erstatten, ist nicht unsere Sache“ sagt er und hebt hervor: „Es gibt ja viele Gründe, warum Opfer nicht zur Polizei gehen.“

So befürchten die Betroffenen, nach einer Anzeige erneut bedroht zu werden. Auch schreckt es sie ab, wenn der politische Hintergrund eines Vorfalls heruntergespielt wird. „Mit den Ermittlungen wird uns die Rolle der Täter zugeschoben“, betont Zimmermann: „Vielleicht will die Polizei bloß vom eigenen Verhalten ablenken.“ Ihre Chronik rechter Übergriffe in Braunschweig, verspricht er, werden die „Falken“ weiterführen.