Senat setzt Unis auf Diät

Die drei Universitäten verringern die Zahl der Studienplätze bis 2009 um ein Viertel. Der Senat, der den Sparzwang verordnete, sieht’s positiv. Denn die wenigen Glücklichen würden besser betreut

VON MARCUS FIEBIG
UND ULRICH SCHULTE

Studienanfänger sollten besser die Ellenbogen ausfahren: Die drei großen Berliner Universitäten werden bis 2009 die Zahl ihrer Studienplätze um rund ein Viertel verringern. Die Schrumpfung will der Wissenschaftssenator als Teil einer „Qualitätsoffensive“ verstanden wissen. Sie sei angesichts geringer Mittel unausweichlich, sagte Thomas Flierl (Linkspartei) gestern. Schon im Frühjahr vergangenen Jahres hatte der Senat den Universitäten verordnet, zwischen 2006 und 2009 zusammen 75 Millionen Euro einzusparen.

Die Unis werden – von der Finanznot getrieben – ihr Angebot massiv zurückfahren: Im vergangenen Jahr boten Technische, Freie und Humboldt-Universität 62.000 Studienplätze an, in drei Jahren sind es mindestens 10.000 weniger. Darüber hinaus erlaubt Flierl ihnen, die Plätze in Eigenregie um weitere 8 Prozent zu kürzen. Von dieser Möglichkeit werden alle Unis mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen Gebrauch machen, sagt Brigitte Reich, die Sprecherin des Wissenschaftssenators.

Viel weniger Studierende werden also Berliner Hörsäle von innen sehen. Doch die, die es schaffen, seien künftig besser dran, so Reich: Schließlich werde ein Dozent, etwa in den überlaufenen Geistes- und Sozialwissenschaften, im Schnitt 15 Prozent weniger Studierende betreuen müssen. „Im Soziologieseminar sitzen dann statt 60 Leuten nur noch 50. Die Betreuung wird persönlicher und intensiver.“ Die Umstellung auf betreuungsintensive Studienabschlüsse wie Bachelor und Master sei ohne eine Verringerung der Studienplätze eben nicht zu machen, argumentiert Reich.

Die Universitäten assistieren mit einer studierendenfreundlichen Selbstverpflichtung: 70 Prozent der Bachelor-Anfänger sollen in Zukunft ihren Abschluss schaffen. Beim althergebrachten Magister oder Diplom bleibt oft nur die Hälfte der Leute bis zum Schluss bei der Stange.

Flierls Pläne stoßen auf scharfe Kritik. „Die drastischen finanziellen Kürzungen des Landes Berlin im Hochschulbereich führen dazu, dass tausende Studienplätze abgebaut werden“, sagt Rose-Marie Seggelke, Chefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Die grüne Bildungsexpertin Lisa Paus bezeichnete die Kürzungen als „verheerend“. Junge Menschen brächten Berlin viele positive Effekte, etwa in der Kulturszene. „Es ist richtig, die Fachhochschulen zu fördern – aber nicht zu Lasten der Universitäten.“

Denn während die Studienplatzzahl an den Unis durch die rot-rote Politik drastisch sinkt, steigt sie an den Fachhochschulen. Sie bieten bis 2009 rund 9.000 zusätzliche Plätze an. Wirft man beide Bildungseinrichtungen in einen Topf, ändert sich kaum etwas: Im vergangenen Jahr boten Unis und Fachhochschulen zusammen 85.000 Plätze an, im Jahr 2009 sind es 1.000 weniger. Allerdings haben die offiziellen Zahlen mit der Realität wenig zu tun, weil zum Beispiel „Langzeitstudenten“ das Bild verzerren. In den Bildungsanstalten drängeln sich derzeit 133.000 Studierende.