mauergedenken
: Gutes Konzept, in Teilen zu spät

Gut 16 Jahre haben das Land Berlin und der Bund für ein tragfähiges Mauergedenkkonzept benötigt. Bis es umgesetzt sein wird, werden noch einmal fünf Jahre vergehen – vorausgesetzt alle Akteure und Geldgeber halten sich an ihre Zusagen. Damit wurde nun endlich eine Semantik des Erinnerns an die Teilung Berlins gefunden. Und im Kontext des vom Bund angeschobenen Geschichtsverbundes „Aufarbeitung der SED-Diktatur“ wird die Geschichte der Spaltung der Stadt noch greifbarer.

KOMMENTAR

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Dennoch muss dem Land der Vorwurf gemacht werden, das Gedenken an die Mauer jahrelang verschleppt zu haben – zu lange, ist doch die Erinnerungslandschaft an vielen Orten der Stadt mittlerweile regelrecht verblichen, wenn nicht gar ausgelöscht. Kaum eine offizielle Hand hat sich gerührt, als die Mauer nach dem Fall stadtweit geschleift wurde. „Die Mauer muss weg“, lautete die Parole. Die wenigen Rudimente am Potsdamer Platz oder am Landtag ließ man vergammeln. Geld für Denkmalprojekte ließ in den 1990er-Jahren die damalige Diepgen-Regierung nur ungenügend springen. Die Erinnerungsmeile an der Bernauer Straße galt nichts im Verhältnis zur privat inszenierten DDR-Flucht-Show im Museum am Checkpoint Charlie. Horror sells!

Ganz übel – und damit beispielhaft – ist bis dato der Umgang mit der East Side Gallery. Einst bemalt und gefeiert als Symbol des kreativen Umgangs mit dem Betonwall nach seinem Fall 1989, gleicht die Gallery heute einer Ruine. Statt sie nachhaltig zu konservieren, reißt man jetzt die ersten Stücke aus ihr heraus, damit der potente Nachbar Sicht auf die Spree hat. Die wenigen erhaltenen Graffiti sind dabei, gänzlich zu verbleichen. Der Beton rieselt mit dem vorbeidonnernden Autoverkehr immer mehr.

Die East Side Gallery ist ein Symbol der Verdrängung des Mauergedenkens. Hier kommt Flierls Konzept zu spät. An anderer Stelle sichert und dokumentiert es die Mauerrudimente – die es schwer genug machen, sich das Ding noch vorzustellen.