der kommentar

Jürgen Klinsmann hat kein Wunder vollbracht. Aber er hat Deutschland, das Team, ins Viertelfinale der Fußball-WM gecoacht. Es ist die 15. Viertelfinalteilnahme bei 16 Versuchen (Ausnahme: 1938). Es waren vier Siege gegen nicht erstklassige Teams. Dennoch ist es das beste Viertelfinal-Erreichen ever.

Man sollte sich erinnern: Die deutsche Bundesliga gehört nicht mehr zu den besten Ligen Europas, außer Torhüter Jens Lehmann spielte zuletzt kein Nationalspieler bei einem internationalen Spitzenklub der obersten Klasse. Deutschland ist, anders als Klinsmann offiziell behauptet, „keine große Fußballnation“ mehr, sondern ein Exspitzenfußballbetrieb.

Klinsmann hat im Rahmen des Möglichen ein Team mit Perspektive zusammengestellt – auf und neben dem Rasen. Klinsmanns Arbeit ist nach vorn orientiert, nicht nach hinten. Er weiß, was er will, die anderen wissen und wollen es im Prinzip auch. Er hat den traditionell dösenden Laden DFB nicht wie angekündigt auseinander genommen. Aber er hat ihn DFB sein lassen und daneben eine neues System und eine neue Elite installiert. Er hat ein dynamisches Angriffsspiel entwickelt. Die Offensive ist gut, das Gerüst ist auf internationalem Niveau (Lehmann, Ballack, Klose), der Chefangreifer Klose ist so exzeptionell, dass man beim Zusehen aufstöhnen muss und darf. Die Abwehr erscheint manchen inzwischen stabil, mir erscheint sie immer noch fragil. Aber was zählt, ist die Lust zuzusehen.

Für Deutschland, das Land, ändert sich nichts. Die Analogie ist freilich anwendbar: Ein Betrieb kann besser sein, wenn neues Know-how einfließt, wenn die Verfilzung reduziert wird, wenn – Entschuldigung – bessere Kräfte und Ideen die verbrauchten ersetzen. Wenn kreativ-innovative Dynamik nach vorne weist. Kurz: Wenn Leute sich gezielt so richtig den Arsch aufreißen. Das klingt hart, klar, aber anders geht das nicht mehr.

Die Pointe, die wir in diesen Tagen erzählt bekommen, ist: Es macht viel mehr Spaß als der alte Stiefel. PETER UNFRIED