Arte unter Aufsicht?

Die französische Medienbehörde CSA will mal wieder für den deutsch-französischen Kulturkanal zuständig sein. Doch der winkt dankend ab

AUS PARIS DOROTHEA HAHN

Das Erstaunen war so groß wie gut geübt bei der Mitgliederversammlung des deutsch-französischen Fernsehsenders Arte. Er musste wieder einmal zur Kenntnis nehmen, dass die Pariser Medienaufsichtsbehörde CSA nach der Kontrolle über den Sender trachtet. In einem Brief an Premierminister Dominique de Villepin hat die CSA vergangene Woche gefordert, den „Rechtsstatus“ von Arte zu prüfen, und verlangt, dass nun das oberste französische Verwaltungsgericht, der Conseil d’Etat, diese Frage klärt.

Gegen den Einmischungsversuch aus Paris sind in der Straßburger Zentralredaktion von Arte und im Hamburger Büro von Arte-Vizechef und NDR-Intendant Jobst Plog bereits Beschwerden in Vorbereitung.

Unterschiedliche Kultur

Auch für sie dürfte es Vorlagen geben, denn der Konflikt mit der CSA ist nicht neu. Denn Arte liegt quer zu den Rundfunkverfassungen beider Länder, der Vertrag zwischen der Französischen Republik und den deutschen Rundfunkanstalten über den 1992 gegründeten gemeinsamen Kulturkanal war ein kompliziertes, völlig neuartiges Konstrukt. Hier prallten unterschiedliche politische und journalistische Kulturen aufeinander – sowie der französische Zentralismus und Deutschlands föderale Rundfunkkultur. Der Arte-Vertrag legt nun ausdrücklich die Unabhängigkeit des Senders fest. Mit der interessanten Konsequenz, dass der Sender weder der französischen noch der deutschen Medienaufsicht unterliegt.

Doch die Pariser CSA, die für sämtliche elektronischen Medien in Frankreich zuständig ist, hat dieses Prinzip immer wieder in Frage gestellt. Schon vor sechs Jahren war der Versuch gescheitert, Arte in eine französische TV-Medienholding zu integrieren.

Diesmal macht die CSA das Territorialprinzip geltend: Im Schreiben an den französischen Premier heißt es, da sich die Redaktion von Arte in Straßburg befindet, wo auch Programmentscheidungen gefällt werden, „scheint Arte in den Zuständigkeitsbereich Frankreichs zu fallen“. Schließlich kämen ja schon heute „zahlreiche“ Beschwerden über das Programm, unter anderem wegen mangelnder Hinweise über die Jugendtauglichkeit der Sendungen, bei der CSA an. Außerdem halte sich Arte nicht an die französischen Regeln über den politischen Pluralismus außerhalb von Wahlkampfzeiten. Und schließlich respektiere der binationale Sender auch nicht geltendes Recht, genauer: das französische Alkoholwerbeverbot.

Streitfall Alkohol

Unter anderem habe Arte in einem Dokumentarfilm Werbung für Wodka gemacht, moniert die CSA reichlich krude. Doch nur wenn die rechtliche Zuständigkeit geklärt sei, könne sie derartigen Beschwerden nachgehen, klagt die Behörde.

Bei Arte haben die Verantwortlichen dagegen stets argumentiert, dass grenzüberschreitendes Fernsehen nur möglich sei, wenn nicht ein bestimmtes Land die Oberaufsicht habe. Zumal Arte längst kein rein deutsch-französisches Projekt ist. Die Sender-Reichweite liegt bei rund 70 Millionen TV-Haushalten in ganz Europa. Den höchsten Marktanteil mit knapp 4 Prozent hat Arte in Frankreich (Deutschland: unter 1 Prozent). Und Arte soll noch internationaler werden: Mit ungarischen, italienischen, spanischen und belgischen Fernsehsendern wird über eine Beteiligung verhandelt. Die CSA sollte sich also ziemlich beeilen.