Die Entführung eines israelischen Soldaten setzt Hamas unter Druck
: Asymmetrische Kriegsführung

Palästinensischen Widerstandskämpfern mangelt es derzeit sicher nicht an Gründen, wieder einmal zuzuschlagen. Mehrere unschuldige Zivilisten, darunter einige Kinder, fielen in den letzten Wochen der israelischen Armee zum Opfer. Das ist genug, um viele im Gaza-Streifen in euphorischen Jubel über den gelungen Streich vom vergangenen Sonntag ausbrechen zu lassen.

Das Versagen der israelischen Luftwaffe, bei ihren Angriffen auf den Gaza-Streifen zivile Opfer zu vermeiden, wirft Fragen auf. Eine Absicht sollte jedoch ausgeschlossen werden: Es kann nicht im Interesse der israelischen Regierung sein, dass die Bilder weinender und blutender Palästinenser durch die Weltpresse gehen. Sicher ist aber auch, dass die jüngsten Fehlschläge der israelischen Armee nichts mit dem Überfall auf einen Grenzposten zum Gaza-Streifen durch drei palästinensische Guerillabanden zu tun haben, von denen eine seither den israelischen Gefreiten Gilad Shavit festhält. Der Tunnel, durch den die Angreifer kamen, ist mehrere hundert Meter lang: Es dürfte zwei gute Monate gedauert haben, ihn zu graben.

Die Gründe für die Entführung sind vielmehr im innerpalästinensischen Machtkampf Ebene zu suchen. Da sitzt die radikale Hamas-Führung im Ausland und muss zusehen, wie aus den folgsamen Aktivisten zu Hause plötzlich selbstbewusste Staatsmänner werden, die dazu bereit sind, ihre Agenda umzuschreiben. Während die Exil-Hamas noch immer den Traum vom Dschihad und Großpalästina träumt, kämpft die Regierung in den palästinensischen Gebieten darum, den alltäglichen Bedürfnissen der Bevölkerung nachzukommen. Um diese Mission zu erfüllen, ist sie auch zu politischen Abstrichen bereit. Sie könnte Erfolg haben, würde die Radikalen nicht dazwischenfunken.

Die Entführung Shavits ist nun ein Prüfstein für die Hamas. Wer ist der Boss? Setzt sich die Exilfraktion durch, steht es nicht nur schlecht für den Gefreiten Shavit. Gelingt es der Hamas-Regierung, ihn zu retten, dann verdient sie dafür zumindest die Chance, ihre Vorstellungen eines Friedensprozesses zu Gehör zu bringen. SUSANNE KNAUL