Deutsch zu sprechen zahlt sich aus

Die Herbert-Hoover-Realschule, die ihren Schülern das Deutschreden vorschreibt, erhält dafür heute den mit 75.000 Euro dotierten Nationalpreis. Kritiker nennen diese Regel Assimilationszwang

von Alke Wierth

Die Herbert-Hoover-Realschule im Wedding erhält heute den mit 75.000 Euro dotierten Nationalpreis. Ausgezeichnet wird die Schule mit dem Lernschwerpunkt Deutsch für ihre in der Schulordnung festgeschriebene Regel, nach der innerhalb auf dem gesamten Gelände auch während der Pausen nur deutsch gesprochen werden soll.

„Schüler, Eltern und Lehrer der Herbert-Hoover-Schule haben die Identität stiftende Wirkung der gemeinsamen Sprache erkannt“, heißt es in der Begründung des Senatspräsidenten der Deutschen Nationalstiftung, Kurt Biedenkopf. Und weiter: Die Schule habe „den Begriff der Nation durch ihr pragmatisches Verhalten mit Leben gefüllt“ und nicht erst auf staatliche Regelungen gewartet. Mit dem Preisgeld will die Stiftung das pädagogische Konzept der Realschule unterstützen. Dort erhalten Schülerinnen und Schüler bislang zwei Stunden Deutschunterricht wöchentlich extra.

Die Schulkonferenz hatte das Deutschgebot zwar schon im März 2005 beschlossen. Für Aufregung sorgte sie jedoch erst im Januar 2006, nachdem sie in einem Bericht der türkischen Tageszeitung Hürriyet als „Zwangsgermanisierung“ bezeichnet wurde. Vor allem Organisationen türkischstämmiger Migranten hatten sie daraufhin vehement kritisiert: als nationalistisch und diskriminierend bezeichnete zum Beispiel der Türkische Bund Berlin (TBB) die von ihm als „Sprachverbot“ aufgefasste Deutschpflicht.

Gestern erneuerte der TBB seine Kritik: „Fehlender Respekt vor der Kultur der anderen“ und „Zwang zur Assimilation“ sieht Safter Cinar vom Türkischen Bund nach wie vor in der Pflicht zum Deutschsprechen. Solche Regeln seien „nicht abstimmungsfähig“. Eine im Januar angekündigte juristische Prüfung der Rechtmäßigkeit der Schulordnung blieb der TBB allerdings schuldig: Es habe sich kein Anwalt gefunden, sagt Cinar.

Aus der Politik erhält die Regelung dagegen viel Lob: Schulsenator Klaus Böger (SPD) bezeichnete sie gestern erneut als „vernünftige Strategie“ und wichtig für die Integration. Die Vereinbarung allerdings von oben zu verordnen, dazu will der Senator sich auch vom Nationalpreis nicht verleiten lassen.

„Wir werden mit dem Geld unsere Aula wieder betriebsfähig machen“, sagt Hans-Joachim Schriefer, Konrektor der Herbert-Hoover-Schule. Dort solle dann mit Theaterspielen der Deutschschwerpunkt weiter ausgebaut werden. Der Rummel habe sich „im Endeffekt positiv“ für die Schule ausgewirkt, meint der Konrektor: Die Schülerzahlen seien konstant geblieben, durch die Preisvergabe werde die Schule, „aber auch der Wedding insgesamt“ aufgewertet. Und der Preisregen ist noch nicht vorbei: Im Herbst soll die Hoover-Schule auch den Jahrespreis der Helga-und-Edzard-Reuter-Stiftung in Höhe von 15.000 Euro bekommen.