Fanmeile wird nicht zur Festung

Auch nach der Amokfahrt eines 33-Jährigen bleiben die Sicherheitsvorkehrungen auf der Fanmeile unverändert. Mobile Betonpoller, wie sie die CDU fordert, sind viel zu unflexibel, sagt die Polizei

VON PLUTONIA PLARRE

Tasche auf. Reingucken. Drin herumwühlen. Tasche zu. „Der Nächste bitte.“ Das Leben der Security-Leute an der Straßensperre in der Ebertstraße ging gestern wieder seinen normalen Gang. Am Sonntagnachmittag war an dieser Stelle ein 33-jähriger Autofahrer mit seinem silberfarbenen VW Polo durch die Absperrung Richtung Fanmeile gebrochen und hatte 26 Menschen verletzt. Dennoch wird sich an dem Sicherheitskonzept der Polizei für die größte Public-Viewing-Meile Deutschlands nichts ändern.

„Es gibt für derartige Massenveranstaltungen keine absolute Sicherheit“, hatte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) bereits Sonntagabend klargestellt. Es mache keinen Sinn, Volksfeste wie die Fanmeile mit Stahlpollern oder Betonklötzen abzuriegeln. Ganz anders sieht es der innenpolitische Sprecher der CDU, Frank Henkel. An den Zufahrtsstraßen zur Fanmeile müssten mobile Poller errichtet werden, lautet seine Forderung. Oder, was noch preiswerter sei: Polizeiwagen –gemeint sind die grünweißen Wannen – als Auffahrschutz quer auf die Straße stellen. Es sei „fahrlässig und verantwortungslos“ von Körting, nichts dergleichen zu veranlassen, sagte Henkel.

Die Grünen und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind dagegen ganz auf Körtings Linie. „Man kann keine Festung aus der Fanmeile machen“, plädiert der Fraktionschef der Grünen, Volker Ratzmann, dafür, den offenen Charakter beizubehalten. „Es gibt überall Verrückte und Durchgeknallte. Das hat aber nichts mit der WM zu tun“, verwahrt sich auch GdP-Chef Konrad Freiberg dagegen, das Fanfest mit Pollern oder Panzersperren zusätzlich abzusichern.

Den Security-Leuten vor Ort will diese Position nicht so recht einleuchten. „Absperrgitter mit Betonsockeln werden doch auch bei anderen Veranstaltungen verwendet. Warum nicht auch hier?“, fragt sich einer der Männer. Er war am Sonntag in unmittelbarer Nähe, als der VW Polo durch die Absperrung brach. „Ich stehe immer noch unter Schock“, sagt er. Aus der Behrenstraße kommend war der Wagen rechts in die Ebertstraße eingebogen, dort durch das rotweiße Gitter gekracht und in Richtung Brandenburger Tor gebraust.

Am schlimmsten erwischt hat einen elfjährigen Jungen, der Schürfwunden und eine Gehirnerschütterung erlitten hat. Alles in allem könne man aber von Glück reden, dass nicht mehr passiert sei, sagte Polizeisprecher Bernd Schudrowski gestern. Der Vorfall hatte sich an einem spielfreien Tag ereignet, an dem auf der Fanmeile längst nicht so viel los war wie sonst.

Warum die Polizei nichts von Pollern und Panzersperren zum Schutz der Fanmeile hält, begründete Schudrowski gestern so: Mit den rotweißen Absperrgittern könne „flexibler“ auf Publikumsströme, Lieferverkehr und Rettungswagen reagiert werden. Denn diese könnten schneller zur Seite gerückt werden.

wm-taz SEITE II