Ultimatum der Entführer ist abgelaufen

Nach Informationen der israelischen Regierung ist der von Palästinensern verschleppte Soldat am Leben. Kidnapper brechen Verhandlungen ab. Damit ist Ägyptens Vermittlung vorerst gescheitert. Mutmaßliche Mörder eines Siedlers festgenommen

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Wenige Stunden nach Ablauf ihres Ultimatums haben die Entführer eines israelischen Soldaten im Gaza-Streifen gestern die Verhandlungen abgebrochen. „Sie (die Entführer) können ihn töten, ihn in ein anderes Land verschleppen oder verstecken. Alles ist möglich“, sagte Osama al-Muzaini, ein Sprecher der palästinensischen Regierungspartei Hamas. Damit sind die Vermittlungsversuche Ägyptens vorerst gescheitert.

Israels Regierungschef Ehud Olmert hatte bereits am Montag angekündigt, dass er „den Erpressern nicht nachgeben“ werde. Informationen der israelischen Regierung zufolge war der 19-jährige Gilad Schavit, der sich seit Sonntag vor einer Woche in Geiselhaft befindet, gestern Nachmittag noch am Leben.

Ein Sprecher der „Islamischen Armee“, die an der Operation, bei der Schalit entführt wurde, beteiligt war, wollte nicht ausschließen, dass der Gefreite getötet werde. Er schränkte jedoch ein, dass „unsere islamischen Prinzipien vorschreiben, den Gefangenen zu respektieren“. Die Entführer hatten zunächst für Informationen über den Zustand Schalits die Freigabe aller in Israel inhaftierten Frauen und minderjährigen Palästinenser gefordert. Für einen Austausch des Gefreiten verlangten sie die Entlassung von 1.000 Palästinensern.

Sollte Schavit nicht lebend wieder auf freien Fuß kommen, würde die von der Hamas gestellte palästinensische Regierung international noch stärker boykottiert werden, als das ohnehin schon der Fall ist. „Der Himmel wird auf die Köpfe derjenigen herabfallen, die Gilad Schalit etwas antun“, drohte gestern der israelische Innenminister Chaim Ramon (Kadima). Aus den Reihen der israelischen Linken wie auch von den Palästinensern war der Verdacht laut geworden, Israel könne die Geiselaffäre zum Anlass nehmen, die Hamas-Regierung zu stürzen. Auch auf inner-palästinensischer Ebene ist ein erfolgreicher Abschluss der Geiselaffäre für die Hamas zwingend. Sollte der Soldat ohne Gegenleistung wieder auf freien Fuß kommen, würde die Bevölkerung die Operation als gescheitert empfinden.

Olmert, der gestern überraschend die Grenzstadt Sderot, Hauptangriffsziel der palästinensischen Kassam-Raketen, besuchte, zeigte sich weiter zuversichtlich, dass es Israel gelingen wird, Schalit unversehrt nach Hause zu bringen. Stabschef Dan Chalutz arbeitet, Berichten der Tageszeitung Ha’aretz zufolge, an einem Angebot an die Geiselnehmer. Demnach könnten inhaftierte Palästinenser ausgetauscht werden, die „kein Blut an den Händen haben“. Dazu gehören die jüngst festgenommenen Hamas-Aktivisten, denen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen wird.

Die israelische Armee nahm gestern früh drei der mutmaßlichen Mörder des 18-jährigen Eliahu Ascheri fest, der am vorvergangenen Sonntag entführt und ermordet worden war. Die drei Männer gehören der militanten Fatah-nahen Jugendorganisation Tansim an und befanden sich zum Zeitpunkt ihrer Festnahme in einer palästinensischen Polizeistation in Ramallah.