Frühling für Hitler im Muscial

„The Producers“ ist eine Broadwayshow im Film als neu verfilmte Broadwayshow

Als eine „maßlos überzogene Satire mit zahllosen geschmacklichen Ausrutschern“ tadelte das „Lexikon des internationalen Films“ 1976 „The Producers“, den ersten Film von Mel Brooks, als dieser mit acht Jahren Verspätung und mäßigem Erfolg unter dem Titel „Frühling für Hitler“ in die deutschen Kinos kam. Brooks selbst hat einmal gesagt, sein Film „erhebe sich unter die Vulgarität“ und immerhin hat er eindeutig mit ihm bewiesen, dass amerikanische Juden inzwischen über Hitler lachen können, die meisten Deutschen damit aber große Schwierigkeiten haben. Auch heute noch, denn als die neue Musical-Version von „The Producers“ in diesem Frühjahr in den hiesigen Kinos startete, war der Flop für den Verleih so vorhersehbar, dass der Film in vielen Großstädten wie Bremen erst gar nicht anlief, sodass nun das kleine Kino 46 das seltene Vergnügen hat, einen Unterhaltungsfilm aus Hollywood als Erstaufführung zu präsentieren.

Der Erfolg des Stoffes in den USA ist dagegen legendär: Nicht nur für den renommierten Filmkritiker Roger Ebert ist das Original „einer der komischsten Filme, der je gedreht wurde“. Im Jahr 2001 schrieb Brooks dann eine Musicalversion von „The Producers“, die am Broadway und später dann in London sehr gut lief und läuft. Und nun folgt ein Film, der auf einer Bühnenshow basiert, die auf einem Film basiert, der von einer Bühnenshow handelt. Und diese sollte so schlecht sein, wie nur irgend möglich! Das ist die Grundprämisse des Plots, denn der Broadwayproduzent Max Bialystock und sein Buchhalter Leo Bloom haben herausgefunden, dass man am Broadway mit einem Flop unter gewissen Umständen mehr Geld machen kann als mit einem Erfolg (der Ausdruck „kreative Buchführung“ wurde in diesem Film geprägt). Auf der Suche nach dem schlimmsten Stück finden sie ein Drama mit dem Titel „Springtime for Hitler“. Unter den Händen des miesesten Regisseurs von New York verwandelt sich das von dem stahlhelm- und lederhosentragenden Autor Franz Liebkind völlig ernst gemeinte Stück in eine Tanzrevue, und schließlich ist alles an dieser Produktion so erbärmlich, dass das Publikum sich vor Lachen ausschüttet. Das Stück wird ein Erfolg und die beiden Produzenten wandern in den Knast, wo sie bald mit den Insassen das Musical „Prisoners of Love“ inszenieren und Anteile im Wert von 600 Prozent verkaufen.

Im Film von 1968 spielten Zero Mostel und Gene Wilder die Titelhelden so hysterisch und (buchstäblich) schreiend komisch, dass diese Leistung unerreichbar bleibt. Wenn sie sich zusammen auf dem Fußboden herumwälzten, oder wenn Mostel Kaffee auf eine Scheibe spuckte, und sie dann mit seinem Schlips abrieb, improvisierten sie dabei, und in der neuen Fassung versuchen nun Nathan Lane und Matthew Broderick manchmal, diese spontanen Eingebungen ihrer Vorgänger auf den Punkt genau nachzuspielen. Das erinnert an Jazzmusiker, die legendäre Soli ihrer Meister Note für Note nachspielen, und dabei eher einen gespenstischen als den gewünschten Eindruck erreichen. Die beiden haben die gleichen Rolle in der Urinszenierung am Broadway gespielt und scheinen zum Teil eher für ein Bühnenpublikum als für den viel intimeren Blick der Kamera zu spielen. Doch dieses Manko wird durch Uma Thurman mehr als aufgehoben, die vorher nie so komisch sein durfte wie hier als die skandinavische Blondine Ulla, deren Kämpfe mit der englischen Sprache zu den wenigen Verbesserungen in der neuen Fassung zählen. Für die meisten deutschen Kritiker war „The Producers“ zu altbacken, doch dabei haben sie übersehen, dass dies ja eine Satire auf das altbackene Genre des Broadwaymusicals ist. Und wenn sich die Tänzer in Hakenkreuzformationen um einen tuntigen Adolf drehen, ist dies immer noch ebenso provokant wie witzig. Wilfried Hippen