SPD will mehr deutsche Staatsbürger

SPD-Abgeordnete werben für eine Einbürgerungskampagne. Roland Koch (CDU) fordert Akzeptanz der Leitkultur

BERLIN taz ■ Die SPD-Bundestagsfraktion will die Zahl der Deutschen um mehrere Millionen erhöhen: „Ich wünsche mir eine Einbürgerungskampagne“, sagte der SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy zwei Tage vor dem Integrationsgipfel der Regierung. Die Kampagne solle sich vor allem an die Millionen von Menschen richten, die alle formalen Kriterien für die Einbürgerung erfüllen, aber keinen deutschen Pass besitzen, erklärte Edathy, der auch dem Innenausschuss des Bundestags vorsitzt.

In Deutschland leben 15 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, rund die Hälfte von ihnen sind deutsche Staatsbürger. „Wir werden Einbürgerungen nicht erschweren“, sagte Edathy und grenzte sich damit von Vorstellungen der Union ab. Auf Drängen der unionsregierten Länder hatte die Innenministerkonferenz die Regeln zur Einbürgerung im Mai verschärft und unter anderem Wissens- und Gewissenstests gefordert. Darüber werde im Herbst noch einmal diskutiert werden müssen, meinte der SPD-Politiker.

Auch der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet von der CDU wirbt für mehr Einbürgerungen. Innerhalb seiner Partei ist er damit allerdings ein Sonderling. Hessens Ministerpräsident Roland Koch legt dagegen rechtzeitig zum Integrationsgipfel die Debatte um eine Leitkultur neu auf und will Einbürgerungswillige stärker in die Pflicht nehmen: Nur wer die deutsche Leitkultur akzeptiere, könne die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben, sagte Koch gestern in der Zeitung Die Welt. „Das Geläut der Kirchenglocken charakterisiert unser Land, nicht der Ruf der Muezzins“, erläuterte Koch. Auch Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) forderte ein Bekenntnis zur deutschen Heimat. „Ich wünsche mir, dass sich Herr Beckstein auch zu mir bekennt“, sagte im Gegenzug die Islambeauftragte der SPD, Lale Akgün. Sie forderte die Union auf, sich von überholten Leitkultur-Vorstellungen zu verabschieden. Stattdessen müsste der Gipfel das Signal an die Zugewanderten aussenden „Ihr gehört dazu“. So sollten auch Nicht-EU-Ausländer das Recht erhalten, sich an Kommunalwahlen zu beteiligen. Parteikollege Edathy forderte einen nationalen Integrationsplan: „Wenn dann der erste türkischstämmige CDU-Abgeordnete im Bundestag Platz genommen hat, sind wir schon ein ganzes Stück weiter.“ ANNA LEHMANN