Die Schule muss noch viel lernen

Die Grünen wollen massiv ins Schulsystem investieren. Langfristig soll sich das für Berlin sogar finanziell lohnen. Lehrer sollen auch nachmittags an den Schulen sein

Die meisten Schulkinder lernen es irgendwann: Wer keine Fehler machen will, muss gründlich nachrechnen. Die Grünen untermauern ihr bildungspolitisches Programm nun mit einer Studie, die sie beim Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) bestellt haben – und das Ergebnis scheint die Schulweisheit zu belegen. Das Werk legt dar, wie sich die Bildungsqualität an Kitas und Schulen verbessern lässt – und vor allem, was dies kostet.

Herausgekommen ist „ein Nullsummenspiel“, wie die Grünen-Fraktionschefin Sibyll Klotz sagt. Will heißen: Wenn das Land in mehr Kita-Vollzeitplätze und regelmäßige Lehrerfortbildung investiert, wenn es 500 zusätzliche LehrerInnen einstellt und neue Computer für die Schulen bestellt, kostet dies zwar 117 Millionen Euro im Jahr. Und es kämen noch einmal 20,1 Millionen für einmalige Anschaffungen dazu. Aber im Gegenzug würden die – keineswegs neuen – Ideen auf lange Sicht 140 Millionen Euro einsparen. Denn die Kosten für Jugendhilfe- und Arbeitslosigkeit oder für Sitzenbleiber ließen sich verringern. Allein bei dem letzten Problem prognostiziert die Studie Einsparungen von 62 Millionen Euro im Jahr.

Die Rechnung basiert auf Annahmen, die durch empirische Studien belegt sind. FiBS-Leiter Dieter Dohmen betont jedoch, dass die Mechanismen im Bildungssystem zu komplex für „konkrete Wirkungsmechanismen“ seien. Die grünen Vorschläge, von denen viele auch die Regierungspartei PDS unterschreiben würde, kämen einem grundsätzlichen Umbau der Bildungslandschaft gleich.

Im Detail wollen die Grünen 11.000 zusätzliche Kitaplätze schaffen – damit wäre jedes Kind unter sechs Jahren versorgt. Zudem müsse das Anmeldeverfahren entbürokratisiert werden, sagt Klotz. „Der Kita-Besuch kann Kinder aus bildungsfernen Familien integrieren.“ In der Grundschule sollen die Klassengrößen flexibel gehandhabt werden. In Bezirken wie Neukölln oder Wedding, in denen manche Kinder kaum Deutsch sprechen, müssten kleinere Gruppen möglich sein. Um den Unterrichtsausfall zu minimieren, wollen die Grünen 500 Neueinstellungen.

Die Lehrerschaft soll zu mehr Präsenz an den Schulen verdonnert werden. Anstatt nach der letzten Stunde nach Hause zu fahren, um den Unterricht vorzubereiten, säßen die Pädagogen bis 16 Uhr in der Schule. „So sind sie ansprechbar für Kinder und Eltern“, sagt Klotz. Eine neue Kultur des Miteinanders würde an den Schulen entstehen.

Das Geld soll nach der Vorstellung der Grünen aus den Mehrwertsteuereinnahmen kommen, die das Land in den nächsten Jahren vom Bund überwiesen werden. „Jeder fünfte Euro davon muss als Zukunftsinvestition in die Bildung fließen“, sagt Klotz.

ULRICH SCHULTE