Erste Lesben-Ehe in Österreich

Verfassungsgerichtshof gibt klagendem gleichgeschlechtlichen Ehepaar Recht. Homosexuelle wittern Frühlingsluft. Regierungsparteien zögernd bei Gesetzesänderung

WIEN taz ■ Die Ehe ist ein Bund zwischen Mann und Frau und damit das Fundament unserer Gesellschaft. Mit diesem Argument sperrt sich die konservative Österreichische Volkspartei (ÖVP) seit Jahren gegen jede Spielart von gleichgeschlechtlichem Lebensbund. Doch nun hat sie eine Schlappe einstecken müssen: In Österreich gibt es die Lesbenehe. Zumindest in einem Fall, dem Fall Hoffmann.

Adolf Hoffmann war jahrelang verheiratet und hatte zwei Kinder. Doch litt er immer unter dem Gefühl, im falschen Körper zu leben. Vor einigen Jahren ließ er eine Geschlechtsumwandlung vornehmen, seither nennt er sich Sandra. Aber den neuen Namen durfte die 41-jährige Computertechnikerin nicht tragen, denn die Behörden weigerten sich, neue Dokumente auszustellen. Der österreichische Transsexuellenerlass von 1996 sieht vor, dass Papiere auf einen anderen Namen nur ausgestellt werden, wenn die Ehe geschieden ist. Geschieden wird aber nur, wenn die Ehe zerrüttet ist. Das war beim Ehepaar Hoffmann aber nicht der Fall. Eine Scheidung kam für Sandra und ihre Frau nicht in Frage. Selbst in der kleinen Gemeinde in der Steiermark, wo die Familie lebt, hätten Nachbarn und Bekannte gelernt, mit der Situation umzugehen, erklärte das Paar. Die Schulkollegen der zehn und zwölf Jahre alten Kinder fänden die ungewöhnliche Konstellation inzwischen normal. Sandra Hoffmann im ORF-Radio: „Wir sind eine klassische Familie, nur dass Vater und Mutter zwei Frauen sind.“

Die beiden beschlossen also, ihren Anspruch auf ein Eheleben bis zum Verfassungsgerichtshof durchzufechten. Das Rechtskomitee Lambda übernahm den Fall. Mit Erfolg: Der Transsexuellenerlass wurde aus formalen Gründen aufgehoben. Aber auch in der inhaltlichen Begründung ihres Urteils brachen die Verfassungsrichter eine Lanze für die „Homo-Ehe“: Sie sind der Meinung, dass die Behörde es niemandem verbieten könne, das Geschlecht zu wechseln. Adolf darf also Sandra heißen und ihre Papiere auf den neuen Namen ausstellen lassen, ohne dass das Konsequenzen für die Ehe hat. Der Präzedenzfall kann Auswirkungen für maximal 50 Paare in ähnlichen Situationen haben. Lambda und andere Homosexuellenverbände hoffen nun, mittelfristig den Widerstand der Politik gegen die behördliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften überhaupt brechen zu können. Man will sich auf den in der Verfassung verankerten Gleichheitsgrundsatz berufen. Schließlich leben in Österreich auch einige gleichgeschlechtliche Paare, die in anderen Ländern, wie Spanien oder Belgien, geheiratet haben.

Im ÖVP-geführten Innenministerium gibt man sich zurückhaltend. Man müsse sich den Spruch des VfGH in aller Ruhe anschauen. Eine bahnbrechende Gesetzesänderung ist vorerst nicht zu erwarten. Schließlich hat Justizministerin Karin Gastinger vom rechten „Bündnis für Österreich“ ihre Liberalisierungspläne noch nicht mal in der eigenen Partei durchsetzen können, geschweige denn gegenüber dem Koalitionspartner ÖVP.

RALF LEONHARD