Neues Zentrum gegen Visa-Betrug gebildet

Ein „Analysezentrum“ in Berlin soll die Arbeit deutscher Sicherheitsbehörden gegen Schleuserkriminalität bündeln

BERLIN afp/rtr/taz ■ Die deutschen Behörden wollen sich künftig besser abstimmen, um gegen systematischen Visamissbrauch und Schleuserbanden vorzugehen. Innenstaatssekretär August Hanning stellte gestern in Berlin das neue „Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration“ (Gasim) vor, das die Arbeit zahlreicher Sicherheitsbehörden bündeln soll.

Das Zentrum ist laut Hanning unter anderem eine Reaktion auf den Visa-Untersuchungsausschuss. Der Ausschuss hatte sich 2005 mit dem Vorwurf befasst, die damalige rot-grüne Regierung habe mit ihrer Visumspolitik ab 1998 einen massenhaften Missbrauch von Besuchervisa aus der Ukraine erleichtert.

Das Gasim nahm bereits Anfang Mai die Arbeit auf. Seither sollen unter einem Dach das Bundeskriminalamt (BKA), die Bundespolizei, der Bundesnachrichtendienst, der Verfassungsschutz, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit zusammenarbeiten. Eingebunden ist auch das Auswärtige Amt. Dank der gemeinsamen Plattform könnten Informationen über Visamissbrauchsfälle künftig besser ausgetauscht werden, versicherte Hanning.

Die Bundesländer sind bisher nicht an dem neuen Projekt beteiligt – ein Manko, wie Hanning gestern einräumte. Schließlich seien sie für viele Delikte, die mit der Schleuserkriminalität zusammenhängen, ebenso zuständig wie für die Umsetzung der ausländerrechtlichen Regelungen. Ihre „baldige Einbindung“ werde daher angestrebt.

Wie viele Menschen jedes Jahr illegal nach Deutschland kommen, dazu gebe es keine Zahlen, sagte Hanning. Nach Angaben von BKA-Chef Jörg Ziercke macht jedoch allein die Schleuserkriminalität einen Anteil von 10 Prozent an der gesamten organisierten Kriminalität aus. Verbindungen gebe es unter anderem zu Falschgeld- und Waffendelikten, Zwangsprostitution und Autoschieberei.

Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl sieht die Arbeit des Zentrums kritisch. „Wir haben Zweifel, ob es tatsächlich große Synergieeffekte gibt“, sagte ihr Referent Bernd Mesovic. Die Vorstellung, Migrationsströme im globalen Maßstab steuern zu können, sei illusorisch. Auch die Beteiligung des BND betrachtet Pro Asyl mit Misstrauen. „Wenn es das Prinzip ist, alle Informationen in einen Topf zu werfen, das Gebräu dann nicht zu kontrollieren und den Betroffenen keinen Rechtsschutz gegen diese Maßnahmen zu gewähren, dann sind wir skeptisch“, sagte Mesovic.