Flucht aus dem Libanon: Zypern überlastet

Sollte die Route über Syrien blockiert sein, wird ein Ansturm auf die kleine Mittelmeerinsel befürchtet

BRÜSSEL dpa ■ Die Europäische Union fürchtet einen noch stärkeren Ansturm von Libanon-Flüchtlingen auf Zypern, der die kleine Mittelmeerinsel überfordern könnte. Für zehntausende Asiaten und Afrikaner im Libanon führe die Hauptroute aus dem Krisengebiet derzeit über Syrien, betonte der EU-Ministerrat am Montag in Brüssel in einem Lagebericht. Diese Route berge ein „politisches Risiko“, obwohl Syrien die Evakuierung bisher aktiv erleichtert habe, warnte der Rat. Nach zyprischen Angaben sind bislang bereits mehr als 35.000 Ausländer auf der Insel Zypern eingetroffen. Allerdings hätten 23.000 von ihn das Land inzwischen wieder verlassen.

Bei einer Blockade des Weges nach Syrien könnte der Fluchtweg nach Zypern aktuell werden, heißt es in dem vertraulichen Papier, über das die Botschafter der 25 EU-Staaten berieten. „Dies würde aber die Frage des Umgangs mit den Lasten eines großen Zustroms von Nicht-Europäern in die Union aufwerfen.“

Eine begrenzte Zahl von Nicht-Europäern habe den Libanon bereits über Zypern verlassen. Die zyprischen Behörden schätzten, dass rund 2.630 Flüchtlinge aus Drittstaaten noch auf der Insel seien. Der Ministerrat betonte: „Die Verwendung des Seekorridors für eine systematische Evakuierung für Nicht-EU-Bürger über Zypern wird derzeit wegen der europäischen Einwanderungsbestimmungen und aus logistischen Gründen nicht als machbar angesehen.“

Im Libanon leben laut Ministerrat derzeit 40.000 Arbeitnehmer aus Sri Lanka, 10.000 aus Bangladesch, etwa 30.000 bis 40.000 von den Philippinen und 30.000 bis 80.000 aus Äthiopien. Zu diesen 110.000 bis 170.000 Menschen kämen noch kleinere Gruppen von Gastarbeitern aus anderen Ländern.