Raketenexpertin an Uni-Spitze

Monika Auweter-Kurtz ist als neue Präsidentin der Universität Hamburg bei den Studierenden umstritten: Sie hat mit der Rüstungsindustrie zusammengearbeitet

HAMBURG taz ■ Eine Raumfahrt-Ingenieurin mit Kontakten zur Rüstungsindustrie soll Präsidentin der Universität Hamburg werden.

Der neu eingerichtete Hochschulrat hat die Leiterin des Steinbeis-Transferzentrums für Plasma- und Raumfahrttechnologie (STZ) an der Universität Stuttgart, Monika Auweter-Kurtz, einstimmig gewählt. Das Gremium wird vom Hamburger Senat und vom Akademischen Senat der Universität paritätisch besetzt. Am Donnerstag muss der Akademische Senat die Wahl bestätigen. Er repräsentiert die Statusgruppen der Universität. Die Kandidatenvorstellungen und Beratungen fanden ohne Öffentlichkeit statt.

Auweter-Kurtz’ Kandidatur ist unter den Studierenden umstritten. Vertreter des linken Lagers im Akademischen Senat halten Auweter-Kurtz für unzumutbar. „Die Universität hat eine Präsidentin verdient, die keine Geschäfte mit Rüstungskonzernen macht, sondern sich gegenüber der Politik entsprechend dem Leitbild der Universität für die Internationalisierung von Bildung und Wissenschaft und für eine friedliche und menschenwürdige Welt einsetzt“, sagt Bela Rogalla, direkt gewähltes Mitglied im Akademischen Senat und ehemaliger Referent im Asta aus Regenbogen, Grünen und Fachschaftsliste.

Der seit April amtierende Asta aus Vertretern der Jura- und Wiwi-Liste dagegen gibt sich überzeugt, dass Auweter-Kurtz eine gute Präsidentin werden könne. „Unser großer Kritikpunkt ist ihre Befürwortung von Studiengebühren“, sagt die Asta-Vorsitzende Julia Trede. Dem Asta gegenüber habe sich Auweter-Kurtz ausdrücklich zum Leitbild der Uni bekannt und im Übrigen betont, sie betreibe Grundlagenforschung.

Die Physikerin Auweter-Kurtz arbeitet seit 1975 am Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart. Sie hat als Dekanin die Fakultät Luft- und Raumfahrttechnik geleitet, war wissenschaftliche Direktorin der japanischen Raumfahrtagentur, Mitglied diverser Universitäts- und Wissenschaftsgremien sowie Landessprecherin der Frauenbeauftragten der Universitäten in Baden-Württemberg.

Das Technologietransferzentrum STZ, das sie seit Dezember 2004 leitet, hat ein neuartiges Material für die Brennkammern von Raketenmotoren getestet. Wie einer Selbstdarstellung des Instituts zu entnehmen ist, kam der Auftrag von dem deutsch-französischen Rüstungsunternehmen Bayern Chemie Protac, einer Tochter der EADS. Die Protac stellt Gefechtsraketen her, unter anderem die „Meteor“ für den Eurofighter Typhoon.

Auweter-Kurtz findet, ihre Zusammenarbeit mit dem Rüstungskonzern habe nichts mit einer möglichen Präsidentschaft zu tun und sei keinesfalls anrüchig. „Frühere Präsidenten sind vielleicht bei der Bundeswehr gewesen“, sagt die Professorin. Wäre sie als Mann geboren worden, hätte sie Wehrdienst geleistet, versichert sie. „Ich bin grundsätzlich der Ansicht, dass wir Verteidigungsbedarf haben.“

Martin Kalinowski, Vorsitzender des Anfang Juli gegründeten Carl Friedrich von Weizsäcker-Zentrums für Naturwissenschaft und Friedensforschung (ZNF) an der Uni Hamburg, findet das auch. Dass Auweter-Kurtz an einem Rüstungsprojekt mitgearbeitet habe, mache sie nicht per se ungeeignet als Präsidentin. „Grundsätzlich wäre angezeigt, sie genau zu fragen, welche Position sie hat, was die Verantwortung von Wissenschaft und Technik betrifft“, sagt Kalinowski. Bei genauer Prüfung würden sich sicher auch Verbindungen der Hamburger Uni zum Verteidigungsministerium finden lassen, spekuliert er. Entscheidend sei, dass eine Präsidentin die Risiken reflektiere, die von neuen Technologien ausgingen. Kalinowski treibt daher eher die Frage um, wie eine Technologin mit nicht verwertungsorientierten Disziplinen umgehe.

Dem Asta hat Auweter-Kurtz solche Sorgen genommen. Die Professorin habe betont, dass es gerade die geisteswissenschaftliche Ausrichtung der Universität sei, die sie an Hamburg reize, und dass sie in der Volluniversität eine zu erhaltende Stärke sehe, sagt Asta-Vorsitzende Trede. Kleine Fächer seien für Auweter-Kurtz das Potenzial einer Universität, weil sie oft Durchbrüche anregten. GERNOT KNÖDLER