Geradezu klinsmannsch

Die Nasa wollte die Erde verstehen – wollte! Nun müssen wohl andere ran

Selbstverständlich: früher! Früher hat die Nasa mal ein paar Männer auf den Mond geschossen. Aber seitdem? Wer dachte, seitdem sei die Nasa nur noch dazu da, ab und an ein paar Astronauten freundlich in die Kamera winken zu lassen und nebenbei nützliche Erfindungen wie die Teflonpfanne abzuwerfen, sieht sich nun eines Besseren belehrt. Die Nasa hatte nämlich wirklich noch Ziele. Und was für welche! „Unseren Heimatplaneten zu verstehen und zu beschützen; das Universum zu erkunden und nach Leben zu suchen; eine neue Generation Entdecker zu begeistern …“ – so liest sich das Leitbild der Weltraumagentur.

Vielmehr: So las es sich. Man hört von alledem in diesen Tagen nur, weil die Nasa diese Ziele gerade aufgegeben hat, und zwar klammheimlich. Nun will sie nur noch „der Zukunft der Weltall-Erkundung, wissenschaftlichen Entdeckungen und der Flugtechnik den Weg bahnen“. Was sich realistischer anhört. Aber nicht mehr so schön.

Spiegel Online kolportiert, dass hinter diesem Zielwandel George W. Bush stecke, mal wieder. Dem Weißen Haus habe die Nasa zu sehr in die Klimapolitik hineingefunkt. Das mag sein oder nicht und ist wohl auch bedenklich. Festzuhalten ist zunächst aber, dass einen angesichts der alten Ziele doch vor allem eines überfällt: Rührung. Wahrscheinlich hat das mit der „Star Trek“-Kompatibilität dieser Sätze zu tun. Aber auch darüber hinaus hat dieser Enthusiasmus etwas: klinsmannsch, wie er ist.

Und das rührendste der drei Ziele ist natürlich, unseren Heimatplaneten zu verstehen. Gar nicht mal, weil man sich wundert, warum ausgerechnet der Nasa das glücken soll. Sondern weil man ja doch erhebliche Zweifel hat, ob das überhaupt einem gelingen kann. Weltall erkunden, Leben entdecken, das mag noch angehen, irgendwann; die paar Millionen Lichtjahre! Aber die Erde zu verstehen – und die Menschen drauf womöglich gleich mit –: Vergiss es! Was ist ein Spiralnebel gegen ein soziales System? Was ein Schwarzes Loch gegen eine Beziehung? Und manchmal sind einem ja selbst die eigenen Gefühle so weit entfernt wie der Alpha Centauri. Verstehen? Mission impossible!

Aber die alten Ziele sind ja nun frei. Vielleicht lassen sie sich, mit leichten Anpassungen, in andere Bereichen übernehmen, wo der Gedankenflug nicht weit genug sein kann. „Unseren Heimatplaneten zu verstehen; das Universum der Künste und Ideen zu erkunden und darin nach Leben zu suchen; eine neue Generation von Lesern und Autoren zu begeistern“ – für einen Kulturteil gibt es schlechtere Ziele. Vor allem nach Leben in den Künsten zu suchen: Das kann echt eine harte Nuss sein. Also, Nasa, wir übernehmen. DIRK KNIPPHALS