Freiheit nach neun Monaten

Der Liberianer Juluous Denes konnte nach einem Dreivierteljahr auf gerichtliche Anordnung die Abschiebehaft Grünau verlassen. Jetzt hat er ein neues Problem: Er braucht einen gültigen Pass

Spät nachts rief Denes seinen Seelsorger an und rief: „Ich bin raus, ich bin frei!“

VON MARLENE WOLF

Juluous Denes ist frei. Seit neun Monaten saß der Liberianer im Abschiebegefängnis in Grünau, länger als jeder seiner Mitinsassen (die taz berichtete). Bei einer Anhörung am vergangenen Donnerstag konnte die Ausländerbehörde keinen geplanten Abschiebetermin für den Häftling nennen. Daher entschied der Richter, Denes zu entlassen.

Am Mittwoch vergangener Woche hatte der Richter schon einmal so entschieden. Doch nach der Verkündung seiner Entscheidung erreichte ihn ein Brief der Ausländerbehörde, der versehentlich in die falsche Akte gelangt war. In dem Schriftstück stand, warum Juluous Denes nach Ansicht der Behörde weiter in Haft bleiben sollte. Seine Entscheidung konnte der Richter allerdings nicht mehr zurücknehmen. Eine Anfechtung durch die Ausländerbehörde war zwar möglich, hätte aber erst am nächsten Tag das Landgericht erreicht. In der Zwischenzeit war der Häftling zu entlassen.

Dazu kam es nicht. Nachdem Denes seine Sachen gepackt hatte, begleiteten Wärter den 41-Jährigen in eine Zelle, schlossen ihn für zwei Stunden ein und führten in um 22 Uhr noch einmal dem Richter vor. Dieser setzte ihn aufgrund des aufgetauchten Schriftstücks wieder fest.

Denes’ Anwältin Barbara Dubick hatte dagegen Protest eingereicht und kann sich nun freuen. Der Richter setzte für den Donnerstag eine Anhörung an, bei der die Mitarbeiter der Ausländerbehörde nachweisen mussten, dass sie für den Liberianer einen Abschiebetermin haben. Da sie das nicht konnten, entschied das Gericht am Abend, Juluous Denes sei zu entlassen. Noch spät in der Nacht rief der den evangelischen Seelsorger in der Abschiebehaft, Bernhard Fricke, an und rief: „Ich bin raus, ich bin frei!“

Fricke freut sich darüber, findet aber die Umstände der Haft „trotzdem skandalös“. Schon vergangene Woche hatte er einen ähnlichen Anruf erhalten. Er wird jetzt mit dem Liberianer weiter in Kontakt bleiben und versuchen, ihm zu helfen.

Die Hilfe wird dieser auch brauchen. Bei Häftlingen, die entlassen wurden und bei denen tatsächliche Abschiebehindernisse vorliegen, „wird eine Duldung ausgesprochen mit der Auflage, sich um einen Pass zu bemühen“, so Matthias Prange, Pressesprecher der Senatsinnenverwaltung.

Neun Monate lang hatte die Ausländerbehörde vergeblich versucht, Papiere für Juluous Denes zu bekommen. Die liberianische Botschaft lehnte es ab, ihm einen Pass auszustellen. Auch der nigerianischen Botschaft hatte man ihn unter einem anderen Namen vorgeführt, den er bei seiner Verhaftung angegeben hatte. Doch auch die Nigerianer gaben ihm keine Papiere. Nun ist Juluous Denes verpflichtet, sich bei den Botschaften vorzustellen. „Ich hoffe, dass er keine Probleme mit dem zuständigen Sozialamt bekommt“, sagt Jens Uwe Thomas vom Berliner Flüchtlingsrat. Es komme häufig vor, dass Häftlinge unter Druck gesetzt würden, wenn sie keinen Pass besorgen können. Man drohe, ihnen die Sozialleistungen zu kürzen. Für Juluous Denes ist die Haft nach neun Monaten nun endlich vorbei – wer weiß, wie lang nun sein Gang durch die Ämter dauert.