Polizeikontrolle in der Kritik

Nach dem tödlichen Schleuserdrama in Brandenburg fordert die PDS Aufklärung im Innenausschuss. „Kein Anlass zur Kritik“, sagt hingegen die SPD. Die Hintergründe der Verfolgungsjagd bleiben unklar

VON JONAS MOOSMÜLLER

Im Zusammenhang mit der tödlichen Verfolgungsjagd zwischen Polizei und mutmaßlichen Schleusern in Brandenburg fordert der innenpolitische Sprecher der PDS-Landtagsfraktion, Hans-Jürgen Scharfenberg, das Thema im Innenausschuss zu behandeln. Die Brandenburger SPD sieht hingegen keinen Anlass, den Ausschuss mit der Frage zu beschäftigen, sagte der Geschäftsführer der SPD-Fraktion Thomas Kralinski.

In der Nacht zum Mittwoch war ein vollbesetzter BMW nahe Königs Wusterhausen vor einer Polizeikontrolle geflohen und von der Fahrbahn abgekommen. Sechs Menschen, bei denen es sich um Flüchtlinge und deren mutmaßliche Schleuser handelte, kamen dabei ums Leben.

Der innenpolitische Sprecher der PDS-Landtagsfraktion Hans-Jürgen Scharfenberg forderte angesichts der unklaren Umstände, dass der Innenausschuss zeitnah und möglichst umfassend über die Hintergründe der Polizeikontrolle informiert werden müsse. Gleichzeitig sprach sich der Politiker der Linkspartei für eine „großzügigere Handhabung in Flüchtlingsfragen“ aus. Brandenburg habe kein Problem mit Flüchtlingen und könne sich deshalb den aktuellen Berliner Abschiebestopp zum Vorbild nehmen.

Nach Ansicht der Brandenburger SPD ist eine Auseinandersetzung des Innenausschusses mit den tragischen Geschehnissen jedoch nicht erforderlich. „Es besteht kein Anlass zur Kritik, die Täter sind die Schleuser und niemand sonst“, erklärte der Geschäftsführer der SPD-Fraktion Thomas Kralinski. „Wir sind erschüttert, mit welchen Methoden Schleuser arbeiten“, gab die innenpolitische Sprecherin der SPD Brandenburgs zu Protokoll.

Nach Angaben der Polizei ist die Herkunft der Opfer weiterhin ungeklärt. Lediglich ein 32-jähriger Tscheche und ein 48 Jahre alter Vietnamese konnten zweifelsfrei identifiziert werden. Über die Identität der anderen vier Todesopfer solle eine Obduktion Aufschluss geben, sagte eine Sprecherin der Polizeidirektion Frankfurt (Oder). Wie bei den zwei Überlebenden, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes noch nicht vernommen werden konnten, schließt die Polizei aufgrund des asiatischen Aussehens jedoch auf eine vietnamesische Herkunft.

Dem gemeinsamen Zugriff durch die Polizei Frankfurt (Oder) und die Bundespolizeidirektion Mitte war ein Hinweis der Staatsanwaltschaft Leipzig vorausgegangen. Wie die ermittelnde Behörde gestern erklärte, sei gegen den bereits identifizierten toten Vietnamesen ein Ermittlungsverfahren geführt worden.

Die Zahl der Flüchtlinge, die versuchen, illegal über die polnische Grenze nach Deutschland einzureisen, ist leicht rückläufig. Wie ein Sprecher des Bundespolizeipräsidiums Ost mitteilte, wurden im ersten Halbjahr 2006 in Berlin, Brandenburg und Sachsen 540 Flüchtlinge und 240 Schleuser aufgegriffen, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Rückgang von rund 10 Prozent. Laut Bundespolizei seien jedoch immer öfter die Dienste professioneller Schleuser gefragt. Mit deren Hilfe würden die Flüchtlinge zunächst die Ukraine passieren und dann versuchen, über Polen und Tschechien nach Deutschland zu gelangen.