Pädophile Mörder sollen sterben

Polens rechtsextreme Familienliga wirbt vor den Lokalwahlen im Herbst mit der Wiedereinführung der Todesstrafe sowie einer Verschärfung des Abtreibungsrechtes

WARSCHAU taz ■ „Die bisherigen Gesetzesvorschriften sind anachronistisch“, poltert Wojciech Wierszejewski und meint damit die Europäische Menschenrechtskonvention, die die Todesstrafe verbietet. Seine Polnische Familienliga (LPR), die rechtsradikale Juniorpartnerin der Regierung Jarosław KaczyńĽski, will deshalb in der EU 500.000 Unterschriften für die Wiedereinführung der Todesstrafe sammeln. Vollzogen werden soll diese, laut Aussagen des Vizechefs der LPR, vorerst nur bei pädophil veranlagten Mördern, die Kinder unter dem 15. Lebensjahr auf dem Gewissen haben.

Die LPR, die gegenwärtig mit verschiedenen Initiativen versucht, auf die polnischen Lokalwahlen im Herbst hin ihr Profil gegenüber der ebenfalls weit rechts stehenden konservativen Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) zu schärfen, bläst damit ungewollt ins gleiche Horn wie der polnische Präsident. Unlängst hatte Lech Kaczyński, wie sein Zwillingsbruder Jarosław ein erklärter Befürworter der Todesstrafe, im polnischen Staatsradio angekündigt, sich für die Wiedereinführung der Todesstrafe in der EU einsetzen zu wollen. „Länder, die diese Strafe aufgeben, räumen dem Kriminellen gegenüber seinem Opfer einen ungeheuren Vorteil ein“, sagte Kaczyński. „Wir müssen das in der EU diskutieren; ich denke, dass Europa mit der Zeit seine Sicht in dieser Sache ändern wird“, gab sich der erklärte Anhänger der katholischen Morallehre zuversichtlich.

Die rechtsextremen Lakaien der PiS sollen bei diesem langfristigen Projekt der Kaczyński-Brüder, um deren Ansehen es in Europa ja nicht zum besten bestellt ist, wohl als Feigenblatt dienen. Das Projekt „Todesstrafe für pädophile Mörder“ wurde deshalb zuerst in Polen lanciert und auch in PiS-Kreisen schnell als „billige LPR-Lokalwahlkampagne“ abgetan.

Allerdings kann die LPR, die ihre polnische Unterschriftensammlung in Krakau, Rybnik und Czestochowa beginnen will, wo es in letzter Zeit zu Aufsehen erregenden Fällen von Kindesmissbrauch gekommen ist, auf einige Unterstützung in der Bevölkerung zählen. Immerhin 77 Prozent der Polen waren im Jahr 2004 für die Wiedereinführung der Todesstrafe. Die Partei hofft, dass das Bürgerprojekt bereits bei ersten Parlamentssitzung nach den Sommerferien behandelt werden wird.

Bereits im Herbst will die LPR zudem eine erneute Verschärfung des polnischen Abtreibungsrechts in das Parlament einbringen. Laut dem Willen der Partei sollen damit endlich Irland und Malta, die bisher bei Abtreibungen ähnlich restriktiv waren, auf die Plätze zwei und drei verwiesen werden. Künftig, so der LPR-Gesetzesentwurf, soll Lebensgefahr für die Mutter keinen Grund mehr für eine Abtreibung darstellen.

Auch diese Gesetzesinitiative wird von Beobachtern vor allem als Versuch gesehen, sich vor den Lokalwahlen im Herbst zu profilieren. Mit Umfragewerten von landesweit knapp über zwei Prozent geht es für die Familienliga dabei um Sein oder Nichtsein. Bereits machen Gerüchte die Runde, die PiS habe vor, die rechtsextreme Familienliga nach den Lokalwahlen einfach zu schlucken.

Wohl um diesem Szenario entgegenzuwirken, hat die LPR im ostpolnischen Lublin eine für polnische Verhältnisse seltsame Wahlkampagne gestartet „In hundert Jahren ist der Durchschnittspole ein schwarzer Muslim“, warnt dort die LPR. Polen drohe die Islamisierung, behauptet die Juniorregierungspartnerin im Goniec Lublinski, einer mit der Partei eng verbundenen Lokalzeitung. Besondere Gefahr gehe von den paar tausend tschetschenischen Flüchtlingen aus, die sich offenbar nicht in die katholische Gesellschaft integrieren wollten.

„Nach Polen sollte man nur kulturverwandte Leute lassen, Völker mit slawischen Wurzeln“, heißt es in dem Blatt weiter. Die Lösung? „Geben Sie ihre Stimme der LPR!“ Offen ausländerfeindliche Wahlkampagnen wurden in Polen bisher bei Wahlen nicht geführt. PAUL FLÜCKIGER