Leck legt Ölfeld lahm

BP stoppt die Produktion auf Prudhoe Bay in Nordalaska. Denn das Pipeline-Netz ist rostig. Ölpreis steigt wieder in die Nähe des Allzeithochs

Es dürften noch weitere Korrosionsschäden entdeckt werden

VON STEPHAN KOSCH

Der Ölkonzern BP hat ein Problem in Alaska. Aus einem Loch in einer seiner Pipelines ist Öl ausgelaufen. Zwar geht es zunächst nur um 4 bis 5 Barrel, also um 500 bis gut 700 Liter. Allerdings hat BP noch weitere „16 Anomalien an 12 Stellen der Transitleitung“ festgestellt. Im Klartext: An 16 Stellen hat Rost die Röhre so dünn gemacht, das weitere Lecks drohen. BP hat gestern begonnen, das Ölfeld in Alaska Schritt für Schritt zu schließen.

Prudhoe Bay ist das größte Ölfeld der USA. Täglich werden dort 400.000 Barrel gefördert. Das sind acht Prozent der Gesamtförderung in den USA und ein halbes Prozent der weltweiten Ölförderung. Und weil die Ölmärkte wegen der Lage im Nahen Osten und der bevorstehenden Hurrikansaison sowieso schon angespannt sind, sorgte die Nachricht gestern für einen neuen Preissprung: Im elektronischen Handel in London wurden am Montagmorgen bis zu 77,68 Dollar für das Fass der Nordseesorte Brent bezahlt – und damit 1,55 Dollar mehr als zu Handelsschluss am Freitag. So liegt der Ölpreis nur noch 50 US-Cent unter seinem Allzeithoch von Mitte Juli.

Doch es geht nicht nur um aktuelle ökonomische Fragen, denn bereits Mitte März sind durch einen Pipelinebruch auf demselben Feld 800.000 Liter Öl ausgelaufen. Das war das zweitgrößte Ölunglück in Alaska seit der Havarie des Tankers Exxon Valdez, bei der 1989 vor Südalaska rund 40 Millionen Liter Öl ins Meer geflossen waren. Der Konzern hat nach dem Leck im März seine Pipelines überprüft. Bislang sind 40 Prozent des rund 30 Kilometer langen Netzes kontrolliert worden. „Das bedeutet, 60 Prozent sind noch nicht überprüft. Es ist zu erwarten, dass noch weitere Korrosionsschäden entdeckt werden“, sagt Jörg Veddern, Energieexperte der Umweltschutzorganisation Greenpeace, der taz.

Er verweist darauf, das Prudhoe Bay in einer Region liegt, in der aufgrund der extremen Kälte Ölunfälle eine besonders langfristige Wirkung besitzen. So würde auch 18 Jahre nach der Exxon-Valdez-Havarie noch immer Öl aus dem Tanker an den Küsten gefunden.

Zwar gehöre Prudhoe Bay nicht zu dem 600.000 Hektar großen Naturreservat North Slope, das Lebensraum für große Karibuherden, Polarbären und Vögel ist und dennoch im Mai von der US-Regierung für die Ölsuche freigegeben wurde. Doch auch Prudhoe Bay sei ein „ökologisch sensibles Gebiet“, sagt Veddern. „Karibuherden halten sich nicht an Nationalparkgrenzen.“ Der Vorfall vom März zeige zudem, dass die Anlagen von BP und Ölförderern wie Exxon oder Conoco eine große Gefahr für die Umwelt in Alaska darstellen würden. In solchen Regionen dürfe nicht nach Öl gesucht werden.

Prudhoe Bay liegt rund 1.000 Kilometer nördlich von Anchorage, der größten Stadt Alaskas. Seit 1977 wird dort Öl gefördert. Der Höhepunkt der Förderung ist aber bereits überschritten. Mitte der 80er-Jahre pumpte BP noch rund zwei Milliarden Barrel pro Tag aus dem Boden, fünfmal mehr als heute.