Exponate zurück nach Polen

Berliner Vertriebenen-Ausstellung muss Leihgaben aus Warschau zurückgeben. Polens Regierung habe Druck gemacht, sagt die Kuratorin und schimpft über „Stalinismus“

Polens Premier über die Berliner Ausstellung: „Eine sehr schlechte Initiative“

BERLIN taz ■ Nach scharfer Kritik der polnischen Regierung an der Vertriebenen-Ausstellung in Berlin hat das Warschauer Stadtmuseum seine Leihgaben zurückgezogen. Die Kuratorin der Ausstellung, Katharina Klotz, führte diese Entscheidung auf politischen Druck zurück. Es sei leider nicht auszuschließen, dass weitere Exponate zurückverlangt würden, sagte sie der taz.

In polnischen Medien war der Ausstellung vorgeworfen worden, dass die Vertreibung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs eine zu große Stellung einnehme. Polens Premier Jarosław Kaczyński nannte die Ausstellung der Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ eine „sehr schlechte, beunruhigende und traurige Initiative“. Der Warschauer Bürgermeister Kazimierz Marcinkiewicz, ein Parteikollege Kaczyńskis, sagte einen geplanten Berlin-Besuch wegen der Ausstellung wieder ab.

Kuratorin Klotz erklärte gestern, die Kuratoren des Warschauer Stadtmuseums hätten dem Konzept der Vertriebenen-Ausstellung zunächst voll zugestimmt. Erst als die Ausstellung durch die polnische Regierung kritisiert wurde, hätten sie sich anders entschieden und ihre beiden Ausstellungsstücke wieder zurückgezogen. Das Warschauer Stadtmuseum hatte der Vertriebenen-Ausstellung die bestickte Identitätskarte eines polnischen Soldaten und das Buch eines Wehrmachtssoldaten geliehen.

„Die Vertreibung der Polen bleibt weiterhin ein prominentes Thema der Ausstellung“, sagte Klotz. Der Wegfall von 2 der insgesamt über 280 Ausstellungsstücke beeinträchtige den Wert der Ausstellung nicht. Klotz befürchtet aber, dass weitere polnische Kuratoren ihre Exponate in den nächsten Tagen zurückziehen könnten, wenn die Kritik von Seiten der polnischen Regierung an der Ausstellung weitergehe. „Ich habe alle Leihgeber als aufrichtige und aufgeklärte Menschen kennengelernt“, sagte sie. „Aber jetzt werden sie von der polnischen Regierung unter Druck gesetzt.“ So bleibt unklar, ob die anderen 18 polnischen Exponate, darunter mit der Schiffsglocke des 1945 untergegangenen Flüchtlingsschiffes „Wilhelm Gustloff“, das größte der gesamten Ausstellung, weiter ausgestellt werden dürfen.

Klotz betonte, dass die Ausstellung die deutsch-polnischen Beziehungen nicht belasten solle, sondern „für Annäherung und Versöhnung“ stehe. Wenn aber die Leihgeber „Repressionen“ unterworfen würden, habe das nichts mehr mit den „normalen Regeln des akademischen Austausches unter Historikern“ zu tun, sondern sei als „stalinistische Hexenjagd“ zu verurteilen.

SOPHIE HAARHAUS