Konzern Hamburg zieht Bilanz

Bürgermeister von Beust und Finanzsenator Peiner haben Hamburg wie einen Konzern bilanzieren lassen. Vermögen übersteigt Schulden angeblich um vier Milliarden Euro, nimmt aber täglich ab

Von MARCO CARINI

Für den Bürgermeister ist sie ein „Meilenstein der Haushaltsmodernisierung“ – die Eröffnungsbilanz Hamburgs. Als erstes Bundesland hat die Hansestadt ihr Vermögen und ihre Schulden wie ein Unternehmen in einer Bilanz zusammengestellt. Das Ergebnis: Mit vier Milliarden Euro Eigenkapital kann Hamburg einen positiven Saldo ausweisen.

Rund 46 Milliarden Euro Verbindlichkeiten stehen Aktiva von etwa 50 Milliarden Euro gegenüber. Dieser Überschuss verringert sich laut Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) zurzeit um jährlich eine Milliarde Euro. „Wir leben von der Substanz“, klagt deshalb Ole von Beust.

Die jetzt vorgelegte „Eröffnungsbilanz“ des „Konzerns Hamburg“ geht auf einen Beschluss von Senat und Bürgerschaft aus dem Jahr 2003 zurück, in dem die Einführung der doppelten Buchführung – kurz Doppik – auf den Weg gebracht wurde. Ziel des neuen Rechnungswesens ist es, die jährlichen Haushaltspläne, die die Einnahmen und Ausgaben der Stadt ausweisen, um eine zweite Betrachtungsweise zu ergänzen. In der Bilanz soll die gesamte Finanzlage der Stadt offen gelegt und durch ab 2007 vorzunehmende jährliche Gewinn- und Verlustrechnungen ständig aktualisiert werden.

In der Liste des städtischen Vermögens sind nun erstmals alle Grundstücke und Parks der Stadt verzeichnet und bewertet. Im Hamburg-Monopoly kostet etwa der Stadtpark 282 Millionen Euro, das Rathaus 131,4 Millionen, während die Binnenalster gerade mal mit 4,4 Millionen Euro zu Buche schlägt. Zwar betont Peiner, bei der Erstellung des zwei dicke Ordner umfassenden Zahlenwerks habe seine Behörde „anerkannte Bewertungsmaßstäbe“ angewandt, doch gleichzeitig räumt von Beust freimütig ein, dass „die Kriterien etwas willkürlich“ seien.

Das Rechenwerk, dessen Erstellung den Steuerzahler rund 11,5 Millionen Euro kostet, soll nach der Vorstellung des Finanzsenators nicht nur „mehr Transparenz“ in die Finanzlage der Stadt bringen, sondern auch „als Kompass“ dienen, „der anzeigt, in welche Richtung wir gehen“. Das jährliche Abschmelzen des Eigenkapitals um eine Milliarde Euro müsse gestoppt, die „Substanz“ der Stadt mittelfristig wieder ausgebaut werden. Dazu sei es notwendig, spätestens in acht Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

SPD und FDP zeigten sich wenig begeistert. „Auch eine kaufmännische Rechnungslegung wird Finanzakrobatik nicht verhindern“, glaubt der SPD-Finanzfachmann Walter Zuckerer. „Das zeigen Bilanzskandale börsennotierter Großunternehmen, deren Bilanzierungsvorschriften strenger sind als die der Freien und Hansestadt Hamburg.“

Dagegen bewertet der FDP-Wirtschaftsexperte Rolf Salo die Tatsache, dass Schulden und Vermögen der Stadt sich fast entsprechen, als „Offenbarungseid“. Da helfe nur, „ein Verbot der Neuverschuldung in Hamburgs Verfassung aufzunehmen“.