Krankenhäuser sind recht gesund – noch

Die meisten Patienten werden laut aktuellem Qualitätsbericht in Kliniken gut versorgt. 10 Prozent der Fälle entsprechen den Standards jedoch nicht. Krankenhäuser warnen vor Verschlechterungen durch die Gesundheitsreform und planen Kampagne

AUS BERLIN ANNA LEHMANN

Mit welchem Erfolg in deutschen Krankenhäusern operiert und geheilt wird, wie viele Patienten genesen und wie viele in der Klinik sterben – das ist seit gestern im Qualitätsbericht für die Krankenhäuser nachzulesen. Demnach wird die große Mehrheit der Patienten gut versorgt. 10 Prozent der vorgegebenen Qualitätsstandards wurden allerdings nicht erfüllt. In diesen Fällen verfehlte die überwiegende Mehrheit der Krankenhäuser die gesteckten Ziele, heißt es im Report der Bundesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung (BQS). Welche Krankenhäuser die Patienten besser meiden sollten, wird aber nicht verraten.

„Das ist nicht unsere Aufgabe. Wir betrachten die nationale Situation“, verteidigt BQS-Geschäftsführer Volker Mohn die Geheimnistuerei. Der Patient habe aber die Sicherheit, dass Auffälligkeiten sofort nachgegangen werde. Seit fünf Jahren müssen sich die Kliniken jährlich einer externen Prüfung durch die BQS unterziehen, die aktuellen Daten stammen aus dem letzten Jahr. Die Prüfer haben rund 2 Millionen Krankenakten aus 1.500 Kliniken geprüft und die ergriffenen Maßnahmen sowie den Erfolg der Behandlung an vorgegebenen Qualitätszielen gemessen.

So ist zum Beispiel bei Patienten, die mit Verdacht auf Lungenentzündung eingewiesen werden, laut Vorgabe zunächst der Sauerstoffgehalt im Blut zu messen. Denn daraus kann maßgeblich die Diagnose abgeleitet werden. Dies geschah aber nur bei zwei Dritteln der aufgenommenen Patienten. Solche Auffälligkeiten müssen die Krankenhäuser vor dem BQS rechtfertigen. Haben sie nur mangelhaft dokumentiert, oder handelt es sich um echte Qualitätsdefizite? Jede zehnte Auffälligkeit sei auf qualitative Mängel zurückzuführen, bilanziert das BQS. Das weise auf Probleme in der Gesamtversorgung in Deutschland hin.

Eine kritische Versorgungssituation gibt es laut Bericht auch in der Gynäkologie. Bei jeder vierten Frau, der die Eierstöcke entfernt werden, stellt sich später heraus, dass dies unnötig war: Es lag kein Krebsgeschwür vor. Nach Maßgabe der BQS dürfte maximal ein Fünftel der Frauen unnötig operiert werden.

„Über drei Jahre hat sich die Qualität hier nicht verbessert“, rügt Patientenvertreterin Marion Ring vom Deutschen Behindertenverband. Die Konsequenzen schlampiger Diagnosen und Behandlungen würden nicht aufgedeckt, bemängelt sie.

Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, sagte zur taz, es handle sich bei den festgestellten Mängeln um Einzelprobleme: „Es gibt kein durchgängiges Problem, wie etwa schlechte Ausbildung oder zu wenig Geld.“ Der Aufforderungen von Patientenverbänden, die Krankenhäuser sollten von sich aus ihre Komplikationsraten veröffentlichen, begegnet er zurückhaltend: „Das ist so kompliziert, dass es leicht zu Fehleinschätzungen kommen kann.“ Der zurzeit praktiziert Dialog unter Fachleuten sei hilfreicher.

Die Krankenhäuser warnten allerdings vor Verschlechterungen bei der Versorgung infolge der Gesundheitsreform. Sie müssen im nächsten Jahr auf 750 Millionen Euro verzichten. „Es wird Wartelisten geben und Billigmedizin“, warnte DKG-Präsident Rudolf Kösters.

Die Kliniken wollen deswegen im September eine Informationskampagne starten. Plakataktionen und Gespräche mit Politikern sollen dabei im Vordergrund stehen , aber auch Demonstrationen wollte Kösters nicht ausschließen. Die „Transparenzoffensive“ soll bis zu 500.000 Euro kosten und aus Rücklagen der Krankenhäuser finanziert werden.

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