umsonstladen
: Ein wichtiges Fragezeichen

Der Umsonstladen ist gefährdet. Der Eigentümer des Hauses in der Brunnenstraße möchte offenbar mit allen Mitteln die derzeitigen Nutzer auf die Straße setzen. Das ist bedauerlich. Überraschend aber ist es nicht: Sensationell ist vielmehr, dass das Projekt schon seit fast fünf Jahren existieren kann.

KOMMENTAR VON GEREON ASMUTH

In einer auf Verwertungsinteressen beruhenden Marktwirtschaft ist der Laden ein Paradox. Denn hier fragt niemand nach Gewinn. Hier werden Produkte weder ge- noch verkauft. Und Miete wird für die Räume auch nicht gezahlt. Anders wäre das Konzept auch gar nicht denkbar. Zu Recht steht am Eingang die Warnung: „Achtung, Sie verlassen den kapitalistischen Sektor“.

Damit ist das Projekt ein permanentes Fragezeichen an die Grundlagen unserer Gesellschaft. Das macht den an sich unscheinbaren Laden bedeutend – weit über seine Funktion als sozialer Treffpunkt hinaus.

Ein gewinnorientierter Hauseigentümer kann diese Frage nicht im Sinne der Ladenbetreiber beantworten. Dauerhaft könnte die spannende Initiative nur gesichert werden, wenn für das Haus eine Eigentümerstruktur gefunden würde, die auf eine Rendite verzichten will und kann. Zahlreiche, langjährig gesicherte Hausprojekte in Berlin bieten dafür passable Lösungsmodelle.

In Zeiten des Wahlkampfs entdecken nun Politiker aller Couleur ihr Herz für den Umsonstladen. Das kostet sie nichts. Bliebe es aber bei der reinen Sympathiebekundung, wäre selbst der Besuch des Regierenden Bürgermeisters umsonst. Erst wenn es den Politikern in mühevoller Überzeugungsarbeit gelingt, dem derzeitigen Eigentümer die Besonderheit seines Hauses zu erklären, brächte ihr Engagement einen – nicht in Geld zu messenden – Gewinn.