Sind Sie schon www.taz.de?

Die taz weitet ihr Internet-Angebot aus – mit neuen Blogs und demnächst auch mit „Live“-Kommentaren

Vor über elf Jahren, im März 1995, ging die taz online und war als erste deutsche Tageszeitung komplett im Internet zu lesen. Seitdem erscheint täglich gegen 22 Uhr die taz-Ausgabe des Folgetags im Internet. Ein Service, den immer mehr InternetnutzerInnen zu schätzen wissen: Mittlerweile verzeichnen die Webseiten der taz circa 7 Millionen Zugriffe im Monat. Seit kurzem gibt es außer der digitalen Version der gedruckten Zeitung noch andere gute Gründe, www.taz.de zu besuchen: taz- AutorInnen schreiben dort täglich ihren Blog.

Während an der technischen Umsetzung des Onlineausbaus derzeit noch gearbeitet wird, ist ein erster Schritt schon zu besichtigen: Seit Ende Juni haben Blogs auf www.taz.de Einzug gehalten. Nach dem ersten Hype um den aus „Web-Log“ abgeleiteten Begriff und der hitzigen Debatte über Blogger contra Journalisten (Amateure contra Profis) haben sich Blogs mittlerweile als neues Medienformat im Internet etabliert: als Mischform journalistischer Genres wie Kommentar, Glosse, Berichterstattung, schneller Nachrichtenübermittlung und persönlicher Kolumne oder Tagebuch. Entsprechend vielfältig und themen- wie fachübergreifend ist auch die Mischung der taz-BloggerInnen: vom „Wortwart“ Detlef Gürtler, der die Neuschöpfungen der Umgangssprache kritisch unter die Lupe nimmt, über den taz-Autor und Aushilfshausmeister Helmut Höge, der aus dem Biotop des taz-Verlagshauses bloggt, bis zum „Hitler-Blog“, der das mediale Fortleben des bösen Manns mit dem kleinen Bart kommentiert. Der legendäre Szene-Cartoonist Gerhard Seyfried ist mit seinem persönlichen „Zeichenblog“ ebenso vertreten wie Jörg Schröder, der Gründer des MÄRZ-Verlags, der seine kulturkritische Serie „Schröder erzählt“ einst in der taz begann. Weiterhin gibt es Blogs zu Medien, Datenschutz, Computersicherheit und Paranoia, im „Reptilienfonds“ geht es (nicht nur) um unsere evolutionären Vorfahren, der „Prinzenbad-Blog“ berichtet aus Deutschlands berühmtester Badeanstalt. Weitere Blogs werden in den nächsten Wochen folgen (www.taz.de/blogs).

Dass Zeitungsverlage durch kostenlose Onlineausgaben ihre Druckausgabe „kannibalisieren“, ist eine ebenso oft befürchtete wie widerlegte These. Letzteres belegt auch eine aktuelle Umfrage unter 5.000 NutzerInnen der taz-Webseite, nach der 45 Prozent selten oder nie und weitere 40 Prozent nur manchmal die gedruckte Ausgabe der taz lesen. Die rasante Entwicklung des Internets hat eine neue Generation von ZeitungsleserInnen hervorgebracht, die sich über aktuelle Nachrichten und Hintergründe nicht mehr primär auf Papier, sondern im Netz informiert. So wundert es nicht, dass die LeserInnen auf www.taz.de noch einmal deutlich jünger sind als die der Druckausgabe: 64 Prozent sind unter 39 Jahre alt (Print: 50 Prozent). 92 Prozent der NutzerInnen sind mindestens einmal täglich im Internet, 75 Prozent nutzen es mehrfach am Tag und 71 Prozent sind vor allem auf der Suche nach aktuellen Nachrichten und Informationen. Dass andere Tageszeitungen mit „klugen Köpfen“ werben, die taz aber die „intelligentesten“ LeserInnen hat, ist seit langem bekannt: 50 Prozent haben Abitur oder Hochschulabschluss, doch dieser Spitzenwert unter den deutschen Tageszeitungen wird von den OnlinenutzerInnen der taz noch deutlich überboten: 87 Prozent haben Gymnasium oder Uni absolviert.

Diesem qualifizierten und quantitativ stark gewachsenen Publikum ihrer Webseite will die taz künftig Rechnung tragen und ihre Onlineaktivitäten ausbauen. Ab kommenden Herbst wird www.taz.de nicht nur einmal am Abend, sondern den ganzen Tag über aktualisiert, zudem können die in der Druckausgabe erscheinenden Artikel mit weiterführenden Verweisen, Links und Hintergrundinformationen versehen werden. Aktuelle Berichte und Kommentare müssen nicht mehr bis zum nächsten Tag warten, sondern können online sofort veröffentlicht werden, in Onlinedossiers kann das Wissen aus den (taz-)Archiven und den Weiten des World Wide Web gebündelt und den LeserInnen zur Verfügung gestellt werden, Foren und Blogs werden „Live“-Kommentare und Berichte ermöglichen.

Und das Beste: All dies wird wie bisher kostenlos zugänglich bleiben. Das Einzige, was die taz ihren OnlinenutzerInnen künftig abverlangt, ist ein kleiner Aufmerksamkeits-Obulus für die zusätzlichen Werbebanner, mit der dieser Service finanziert wird. Die redaktionelle Unabhängigkeit der taz wird von dieser Werbung natürlich nicht beeinträchtigt. Dennoch haben wir in unserer Umfrage gefragt, ob die LeserInnen bereit wären, für ein werbefreies Onlineangebot eine Abonnementgebühr zu zahlen. Doch 98 Prozent möchten das nicht und nehmen lieber etwas Werbung in Kauf, solange die Inhalte der taz gratis zugänglich bleiben. Vor allem für die etwa 15 Prozent NutzerInnen, die aus dem Ausland auf die Online-taz zugreifen, ist dieser Aspekt wichtig. Viele von ihnen leisten sich aber mittlerweile auch den Komfort eines digitalen taz-Abos, mit dem sie für 10 Euro im Monat ihre tägliche taz per Mail erhalten und dann in aller Ruhe offline lesen können.

Ebenso wie die Gründung der taz Ende der 70er-Jahre war auch das erste Onlineprojekt Mitte der 90er-Jahre eine Pionierleistung – die taz war schon da, als andere Verlage im Zuge der Dotcom-Hysterie hektisch wurden und mit dem Platzen der ganzen Börsenblase viel Geld verloren. Es reicht einfach nicht, nur „im Internet“ zu sein, es kommt auf den Inhalt an – und den hat die taz nach wie vor und in einzigartiger Form zu bieten. Nicht zufällig hat sie deshalb auch die intelligentesten LeserInnen. MATHIAS BRÖCKERS

Mathias Bröckers, 52, war von 1980 bis 1991 Kulturredakteur, danach noch lange Kolumnist der taz. Er leitet seit Frühjahr 2006 das Projekt „taz online“.