BVG will Bahnhofsbilder speichern

Nach der Festnahme eines mutmaßlichen Bombenlegers in Kiel will die BVG die Videoüberwachung ausweiten. Innensenator begrüßt das Vorhaben. Grüne warnen vor einer Überwachungshysterie

VON RICHARD ROTHER

Nach der Festnahme des mutmaßlichen Bombenlegers in Kiel ist auch in Berlin die Diskussion um verschärfte Sicherheitsvorkehrungen entbrannt. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) kündigten gestern an, die Videoüberwachung auf alle U-Bahn-Strecken zu erweitern. Dieses Vorhaben wird von Innensenator Erhart Körting (SPD) unterstützt. Am frühen Samstagmorgen war in Kiel ein 21-jähriger libanesischer Student festgenommen worden. Der Mann wird dringend verdächtigt, Ende Juli in Nordrhein-Westfalen einen Bombenanschlag auf einen Regionalzug versucht zu haben. Der Sprengsatz war nur durch Zufall nicht explodiert.

Vom kommenden Jahr an will die BVG die Videoüberwachung im gesamten U-Bahn-Netz. Künftig werde man die Aufnahmen von allen Bahnhöfen für 24 Stunden speichern und auf Anfrage an die Polizei weiterleiten, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz gestern. „Wir haben immer überwacht, aber nie aufgezeichnet“, erklärte Reetz die Veränderung gegenüber dem bisherigen Verfahren der Videoüberwachung.

Seit April diesen Jahres läuft bereits ein Pilotprojekt auf Bahnhöfen der Linien U2, U6 und U8. Dabei werden die Bilder der Überwachungskameras bereits aufgezeichnet und für 24 Stunden gespeichert. Als Folge der Terroranschläge von London habe man aber immer das Ziel gehabt, dieses Vorgehen auf alle U-Bahn-Linien auszuweiten, so Reetz. Einen direkten Zusammenhang zu den fehlgeschlagenen Terroranschlägen von Ende Juli gebe es nicht. Allerdings war der tatverdächtige Student nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung von Fahndungsfotos, die Ende Juli von Videokameras am Kölner Hauptbahnhof aufgenommen wurden, festgenommen worden.

Die Berliner CDU-Fraktion hat den Einsatz von mehr Sicherheitskräften auf Bahnhöfen gefordert. Der Senat habe mit seinen „Kürzungsorgien“ die Deutsche Bahn unter Druck gesetzt und „weitgehend personalfreie Bahnhöfe“ geschaffen, sagte der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Alexander Kaczmarek. Die Reduzierung beim Sicherheitspersonal müsse umgehend gestoppt werden.

Gegen mehr Sicherheitspersonal auf den Bahnhöfen hätten auch die Berliner Grünen nichts einzuwenden. „Mir ist eine vernünftige Bestreifung lieber als hysterische Reaktionen nach dem Motto: Hängt überall Kameras auf!“, sagte gestern Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann. „Mit der Videoüberwachung verhindert man keine Anschläge, sie ist lediglich ein Fahndungsinstrument.“ Derzeit erhebe die Deutsche Bahn AG nach dem Hausrecht Daten mit Hilfe der Videoüberwachung, deren Verwendung nicht geregelt sei. „Wir brauchen ein Gesetz, das definiert, wie solche Daten benutzt werden dürfen“, so Ratzmann. Das Thema eigne sich aber nicht für den Berliner Wahlkampf. „Der Rechtsstaat muss auch die individuellen Freiheitsrechte sichern.“

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