CDU-Politiker attackieren Skandalsekretär

NRW-Staatssekretär Jens Baganz hat die nächste Affäre am Hals: Nun soll der Christdemokrat einem Bekannten einen Regierungsauftrag zugeschanzt haben. CDU-Parteifreunde gehen auf Distanz. SPD: „Baganz ist Wiederholungstäter“

DÜSSELDORF taz ■ Staatssekretär Jens Baganz kommt aus den eigenen Reihen unter Druck. Weil der Christdemokrat einem Bekannten einen lukrativen Regierungsauftrag zugeschanzt haben soll, gehen Parteifreunde auf Distanz. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein solches Verhalten in der Landesregierung an den Tag gelegt wird“, sagt Mülheims CDU-Fraktionschef Paul Heidrich. Das müsse zu „Konsequenzen“ führen, so der Lokalpolitiker. „Es war Irrsinn, Baganz überhaupt in die Regierung zu holen“, sagt ein Mitglied des CDU-Landesvorstands. 2002 war Baganz als Mülheimer Oberbürgermeister zurückgetreten – nach einer Affäre mit einer für die Stadt tätigen Rechtsanwältin.

Seitdem kommt der jetzige Staatssekretär von NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben nicht aus den Negativschlagzeilen heraus. Erst im Juli wurde Baganz politische Einflussnahme auf den WDR vorgeworfen, weil er erfolgreich um die Entfernung eines kritischen Manuskripts über seine Mülheimer Vergangenheit aus dem Onlinearchiv des Senders gebeten hatte (taz berichtete). In der vergangenen Woche berichtete die Bild-Zeitung über private Rechtsstreitigkeiten des Staatssekretärs. „Spitzenpolitiker zerrt Ex-Frau vor Gericht“, titelte das Blatt.

Die neueste Baganzaffäre: Focus und Welt Kompakt berichten, Baganz habe einen Beratungsauftrag des Wirtschaftsministeriums an einen guten Bekannten vergeben. Demnach soll Baganz ohne Ausschreibung der Firma eines Ex-Geschäftspartners den Beratungsauftrag für den politisch umstrittenen RAG-Börsengang erteilt haben. Als Honorar seien 50.000 Euro an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geflossen. Der Firma habe Baganz bei seiner Ernennung zum NRW-Staatssekretär seine 50-Prozent-Beteiligung an einer anderen Gesellschaft für einen Euro verkauft.

Die Landesregierung reagierte prompt. „Um jeden bösen Anschein zu vermeiden, hat sich das Wirtschaftsministerium vorsorglich von dem Berater getrennt“, so ein Sprecher gestern auf taz-Anfrage. In CDU-Kreisen wird eine Entlassung von Baganz nicht mehr ausgeschlossen. „Der Mann muss weg“, heißt es.

Auch die Opposition fordert politische Konsequenzen. „Staatssekretär Baganz ist Wiederholungstäter“, sagt SPD-Fraktionsvize Axel Horstmann. Ministerin Thoben müsse daraus „die nötigen Konsequenzen ziehen“. Es reiche nicht aus, dass die Ministerin jetzt im Nachhinein die Vergabe als falsch erkenne und die Verbindung zu dem Unternehmen kappe, sagt Horstmann und kündigt „ein Nachspiel im Landtag“ an.

Unerwarteten Beistand bekommt Baganz von den Grünen. „Da reiben sich jetzt einige Leute bei der RAG die Hände“, sagt der grüne Fraktionsvize Reiner Priggen. Es sei in Düsseldorf ein offenes Geheimnis, dass gegen den im Wirtschaftsministerium für den RAG-Börsengang zuständigen Baganz eine Kampagne laufe. „Das entschuldigt natürlich nichts, falls man Baganz falsches Verhalten nachweisen kann“, sagt Priggen. Die Kohlelobby in NRW hätte jedoch ein Interesse daran, Baganz zu schwächen.

MARTIN TEIGELER