AFRIKA: EUROPÄISCHE INVESTITIONEN STEIGERN DIE AUSWANDERUNG NOCH
: Migration lässt sich nicht verhindern

Die Flüchtlingsströme reißen nicht ab – beinahe täglich wird Europas Öffentlichkeit in diesem Sommer mit Metaphern dieser Art in Atem gehalten. Afrika schwappt über. Die Kanaren sind voll. Man muss etwas tun. So lautet der Kern dessen, was als europäische Afrikapolitik firmiert.

Dass Europa mit der illegalen Migration aus Afrika nicht fertigwird, ist mittlerweile klar. Die gemeinsamen EU-Patrouillen vor Nordwestafrika sind ein symbolischer Akt, der wie bei so vielen EU-Aktionen eher das europäische Zusammenspiel testen als ein reales Problem lösen soll. Die Absichtserklärungen, wonach Europa Afrika mehr Investitionen anbietet, um die Massenarmut zu lindern, sind bislang folgenlos. Und neue Technologie aus Spanien, wie sie jetzt versprochen worden ist, kann in Senegal höchstens die Häufigkeit bewaffneter Konfrontationen zwischen Ausreisewilligen und Sicherheitskräften erhöhen.

Migration ist für den Migranten kein Problem, sondern die Lösung eines Problems. Dabei geht es weniger um die Armut des Einzelnen – die Summe, die sich Migranten für die riskante Reise nach Europa zusammensparen müssen, entspricht dem Startkapital für einen Kleinunternehmer. Es geht darum, dass Afrika insgesamt ärmer ist als Europa, und wer die Gelegenheit dazu hat, verdient lieber in reichen Ländern Geld statt in armen. Verstärkte Armutsbekämpfung in Afrika wird die Emigration nicht verringern, sondern erhöhen, weil zum Beispiel verbesserte Bildungssysteme noch mehr qualifizierte Arbeitskräfte hervorbringen werden, die ihr Glück in der Fremde versuchen. Schon jetzt verlassen jährlich über 70.000 Universitätsabsolventen Afrika. Das wird übrigens in Afrika als Hauptproblem gesehen.

Eine vernünftige europäisch-afrikanische Zusammenarbeit bei diesem Thema darf die Migration nicht unterbinden, sondern muss sie für beide Seiten fruchtbar gestalten. Das heißt auch, die Zuständigkeit für das Thema den Sicherheitspolitikern Europas zu entziehen, was diese nicht wollen. Aber wer zu Hause bürokratisches Beharrungsvermögen nicht überwinden kann, sollte sich auf anderen Kontinenten mit Reformappellen zurückhalten. DOMINIC JOHNSON