Besuch von Roland Berger

Der NRW-Wissenschaftsminister lässt die Unikliniken auf Effizienz prüfen – um sie dann womöglich zu privatisieren. Anderen Krankenhäusern droht nach dem Ärztestreik sogar das Aus

VON NAIMA EL MOUSSAOUI

Die sechs Unikliniken in NRW sind in argen Finanznöten: „Durch den Streik sind uns Verluste in Höhe von zehn Millionen Euro entstanden“, sagt Susanne Dopheide, Sprecherin der Uniklinik Düsseldorf. Auch der Uniklinik Münster hat der Streik eine Umsatzeinbuße von zehn Millionen Euro eingebracht, berichtet Klinik-Sprecherin Jutta Reisig. Beide Kliniken haben allerdings auch schon vor dem Ärztestreik rote Zahlen geschrieben. „2005 haben wir mit einem Defizit von zwölf Millionen Euro abgeschlossen“, gibt Dopheide zu.

Alle Zahlen zum Haushalt mussten die Universitätskliniken kürzlich den Wissenschaftsministerium NRW vorlegen. Denn die Unikliniken werden durchgecheckt: Die Unternehmensberatung Roland Berger hat den Auftrag erhalten, sie auf ihre Effizienz hin zu untersuchen. „Ob das Ergebnis der Prüfung eine Konzentration auf bestimmte Schwerpunkte, Fusionen oder Privatisierungen einzelner Standorte oder eine Holding-Struktur sein wird, müssen wir abwarten“, hatte Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) mitgeteilt. Der Krankenhausexperte von Ver.di NRW, Bernd Tenbensel, befürchtet allerdings, dass Pinkwarts Ziel letztlich doch die Privatisierung ist (siehe Interview). Das aber sei genau der falsche Weg: „Der Patient ist dann nur noch das Mittel zum Zweck und der Zweck ist die Kapitalvermehrung.“

Dagegen sehen die Unikliniken dem Effizienz-Check gelassen entgegen. „Wir lassen das auf uns zukommen“, sagt etwa die Sprecherin der Uniklinik Aachen, Angelika Christ. Man habe bereits mit „Umstrukturierungen“ begonnen. So würden in den nächsten Jahren Betten abgebaut, um eine bessere Auslastung zu erzielen. Außerdem werde mehr interdisziplinär gearbeitet. „Wie wollen vermeiden, dass Untersuchungen zweimal durchgeführt werden“, so Christ.

Auch an der Uniklinik Bonn scheint man die Prüfer von Roland Berger nicht zu fürchten: „Wir begrüßen die Begutachtung, weil wir gut da stehen“, sagt der kaufmännische Direktor der Klinik, Franz Arwed. Im Gegensatz zu den anderen Kliniken erzielte Bonn nämlich 2005 einen Überschuss von 7,4 Millionen Euro. Trotz der Einnahmeverluste durch den Streik in Höhe von 4,5 Millionen Euro peile das Krankenhaus am Jahresende einen ausgeglichenen Haushalt an. Gespart werden müsse trotzdem: „Wir nehmen deshalb auch Stellenbesetzungen verzögert auf.“

Ob das reicht, die Wirtschaftsberater zufrieden zu stellen, werden die Unikliniken Ende Oktober erfahren. Und zumindest in Bonn steht man der Möglichkeit der Privatisierung grundsätzlich positiv gegenüber. „Vor dem Hintergrund dessen, was in Hessen passiert, könnte das ein Modell für uns sein, wenn auch in abgewandelter Form“, sagt Arwed. In Hessen wurden die Universitätskliniken in Marburg und Gießen – bundesweit einmalig – an einen privaten Konzern verkauft. Auch in NRW, so Arwed, habe das Land nicht genug Geld, um die Kliniken ausreichend auszustatten. Daher sei man gezwungen, nach anderen Finanzquellen zu suchen – oder über engere Formen der Zusammenarbeit wie Fusion oder Holding nachzudenken.

Unterdessen warnte am Wochenende die Krankenhausgesellschaft NRW – angesichts der Streikkosten und der neuen Tarifverträge – vor einer ungeordneten Schließung von Kliniken. Die Landesregierung müsse einen Plan für die künftige Krankenhausstruktur aufstellen. „Auf die Krankenhäuser, egal welcher Trägerschaft, kommen zusätzliche Kosten in Höhe von fünf bis sechs Prozent des Umsatzes zu“, sagte der Präsident der Krankenhausgesellschaft, Johannes Kramer. Etliche Krankenhäuser würden das nicht schaffen. „Kleinere Häuser werden oft nicht in der Lage sein, ihre Struktur weiter zu reduzieren“, so Kramer. Dann könne das Aus auch Kliniken treffen, die für die medizinische Versorgung in bestimmten Regionen gebraucht werden.