Koffer-Bomber von Köln: Motiv Karikaturen

Chef des Bundeskriminalamts vermutet: Dänische Mohammed-Karikaturen waren Hauptmotiv für die gescheiterten Bombenanschläge auf zwei Regionalzüge. Libanon fordert von Deutschland Auslieferung von Verdächtigen

BERLIN rtr ■ Die Veröffentlichung der Karikaturen des Propheten in dänischen Zeitungen sei eine „Initialzündung“ für die Attentäter gewesen, sagte der Chef des Bundeskriminalamts (BKA) Jörg Ziercke dem Magazin Focus. Die Karikaturen seien eines von mehreren Motiven für die mutmaßlichen Attentäter gewesen. Als weiteres komme auch der Tod des irakischen Al-Qaida-Anführers Mussab al-Sarkawi in Frage. Der Tod Sarkawis sei für zwei Hauptverdächtige ein Zeichen gewesen, dass das Terrornetzwerk al-Qaida einen seiner wichtigsten Köpfe verloren habe. Ziercke sagte, die Radikalisierung der Beschuldigten habe erst in Deutschland stattgefunden. Zuvor hätten sie über eine „gewisse Grundideologie“ verfügt.

Das Verhör der in Deutschland festgenommenen Verdächtigen ergab der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung zufolge zudem, dass die beiden Haupttäter bereits während der Fußball-WM zuschlagen wollten. Der Plan eines Attentats sei aus Sorge um die Risiken und Auswirkungen der Tat verschoben worden.

Die beiden Bomben waren Ende Juli in Pendlerzügen in Koblenz und Dortmund entdeckt worden. Wären sie explodiert, hätten sie nach Einschätzung der Sicherheitskräfte eine große Zahl von Opfern gefordert.

Die Vernehmungen hätten den Eindruck bestätigt, dass es sich bei den Tätern um eine neue Generation von Extremisten handele. Sie seien nicht in islamistischen Ausbildungslagern geschult und von dort gesteuert worden. Diese Generation finde sich kurzfristig zu kleinen Zellen zusammen.

Der in Konstanz als mutmaßlicher Komplize der Bombenleger festgenommene Syrer bestreitet laut Spiegel die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. „Mein Mandant hat mit der Sache nichts zu tun“, sagte sein Anwalt Wolfgang Ferner. Er beantragte eine Überprüfung des Haftbefehls. Dieser stütze sich auf belastende Aussagen eines im Libanon Festgenommenen, die nicht überprüft werden könnten.

Für die Bundesanwaltschaft wird es nun schwierig, den Vorwurf einer terroristischen Vereinigung aufrechtzuerhalten. Dafür müssten sich mindestens drei Personen dauerhaft zusammengeschlossen haben. Die Ermittler stehen vor Problemen, weil eine Auslieferung oder Vernehmung der Libanesen von Behörden dort nicht erlaubt werde.

In Justizkreisen in Beirut hieß es am Samstag, eine Auslieferung der dort Festgenommenen komme nicht in Frage. Der libanesische Generalstaatsanwalt Said Mirza sagte: „Es sind libanesische Staatsbürger, ihnen muss hier der Prozess gemacht werden, und sie müssen hier ihre gerechte Strafe absitzen.“ Den Justizkreisen zufolge sprach der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) Ernst Uhrlau in der libanesischen Hauptstadt mit den Behörden über diese Frage. Der Libanon verlangt sogar die Auslieferung der beiden in Deutschland Inhaftierten.