Der Spion, der Mails liebte

Wahrscheinlich wird Sven Petke eine böswillige Absicht unterstellt, die er in diesem Fall ausnahmsweise tatsächlich nicht hatte. Da landen angeblich E-Mails von Spitzenpolitikern der Brandenburger CDU in der Landesgeschäftsstelle. Und bevor sie an die eigentlichen Adressaten weiter geleitet wurden, sollen Petke oder sein vertrauter Mitarbeiter Rico Nelte noch mal schnell einen Blick drauf geworfen haben. Dabei hätten sie auch mal die eine oder andere Mail gelöscht, die die Adressaten nicht unbedingt zu Gesicht bekommen müssen. Selbst wenn sich die Vorwürfe bestätigen – warum soll es Petke in seiner Funktion als Generalsekretär anders handhaben, wofür er zuvor jahrelang trainiert hatte? Der ehemalige Verfassungsschützer setzte vielleicht bloß aus Gewohnheit seine geheimdienstlichen Methoden ein.

Die mutmaßliche Spitzelaffäre wäre vielleicht gar keine, hätte der CDU-Landesvorsitzende Jörg Schönbohm nach dem Debakel vor einem Jahr bei der Bundestagswahl nicht seinen vorzeitigen Rücktritt für 2007 angekündigt. Je näher dieser Zeitpunkt nun rückt, desto heftiger tobt der Kampf um Schönbohms Nachfolge. Und Petke gilt als der schärfste Rivale des bislang aussichtsreichsten und deutlich liberaleren Kandidaten, Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns.

Geboren 1967 im brandenburgischen Guben, kennt Petke die märkische Union wie sonst kaum jemand. Dennoch gilt der stramme Rechtsaußen, der selbst Exgeneral Schönbohm in Sachen Law and Order in den Schatten stellt, auch innerparteilich als umstritten. Schon mehrfach liefen Ermittlungsverfahren gegen ihn, weil er andere beleidigt hatte. Er gilt als streitlustig, ehrgeizig und machtbesessen. Gerade einmal 11 Prozent der Stimmen holte er als CDU-Kandidat bei der Landtagswahl 2004 in seinem Wahlkreis in Potsdam.

Sein Bonus: Der 39-Jährige ist verheiratet mit der Vizefraktionschefin der Union im Bundestag, Katherina Reiche, die sogar mal als Bundesfamilienministerin im Gespräch war. Gerade kam ihr drittes Kind zur Welt. Ihr ist wahrscheinlich sein jüngster Wandel vom innenpolitischen Hardliner zum Familienpolitiker zuzuschreiben. Im Alleingang hatte Petke ein kostenloses Vorschuljahr gefordert und damit sozialpolitisch die SPD überholt – was Schönbohm zu der Äußerung hinriss: „Ich habe die Schnauze voll.“

Groß punkten wird Petke mit seinem abrupten Wandel zum besorgten Sozialpolitiker aber nicht. Bestätigen sich die Spitzelvorwürfe, werden Petkes Rivalen um Junghanns und Kulturministerin Johanna Wanka alles dran setzen, ihn im Kampf um Schönbohms Nachfolge abzusägen. FELIX LEE

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