Kopftuch wird Mode

Gegen das seit Schulanfang geltende Kopftuchverbot für Lehrerinnen gibt es Widerstand. Mindestens sechs Musliminnen weigern sich. Bezirksregierungen und Schulministerium setzen auf Gespräche

VON NATALIE WIESMANN

Die Landesregierung hat das Kopftuchverbot an nordrhein-westfälischen Schulen noch nicht durchgesetzt. Das NRW-Schulministerium weiß von sechs muslimischen Lehrerinnen, die sich gegen das Gesetz sperren, das Anfang des Schuljahres in Kraft getreten ist. Die Bezirksregierungen können mindestens acht Fälle benennen.

„Einige Muslima versuchen das Gesetz zu umgehen, indem sie die Tragweise ihres Kopftuchs modisch umdekorieren“, sagt Andrej Priboschek, Sprecher des Schulministeriums. Sein Ministerium wolle es aber den Bezirksregierungen überlassen, die Regelung durchzusetzen. „Wir sind nicht zuständig für die Durchführung“, so Priboschek.

Die Bezirksregierungen Köln und Arnsberg vermelden jeweils drei renitente Kopftuchträgerin, im Regierungsbezirk Münster sind es zwei Lehrerinnen, die sich weigern. „Wir sind noch mitten in den Gesprächen mit den Betroffenen“, heißt es dort. Der Schulaufsicht im Bezirk Detmold ist kein Fall bekannt und die Bezirksregierung Düsseldorf kann einen Monat nach Schulanfang nicht sagen, wieviele widerborstige Musliminnen an ihren Schulen unterrichten. „Wir haben die Schulen angeschrieben“, sagt eine Sprecherin.

„Es gibt keine Deadline für diese Gespräche“, so Priboschek vom Schulministerium. Außerdem könnten die Lehrerinnen noch Widerspruch einlegen. Und es bliebe ihnen bei einer Ablehnung der Gang zum Verwaltungsgericht. Ungeachten dessen hätten die Bezirksregierungen als oberste Aufsichtsbehörde die Möglichkeit, die Kopftuchträgerinnen zu suspendieren – sie seien aber nicht dazu gezwungen: „Das müssen die vor Ort entscheiden.“ Denn relevant sei vor allem, ob dadurch der Schulfrieden gestört wird. Wenn sich die Bezirksregierungen gegen eine Suspendierung entscheiden sollten, müsste das Schulministerium prüfen „ob sich das nicht auf den Schulfrieden an anderen Schulen auswirkt“, sagt Priboschek.

So unkonkret wie das Ministerium ist auch das Gesetz: Dort taucht das Wort Kopftuch nicht einmal auf. Stattdessen heißt es: „Insbesondere ist ein äußeres Verhalten unzulässig, welches bei Schülerinnen und Schülern oder den Eltern den Eindruck hervorrufen kann, dass eine Lehrerin oder ein Lehrer gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung [...] und die freiheitliche Grundordnung auftritt.“ Ausgenommen werden davon christliche und abendländische Werte.

Doch der Druck auf die muslimischen Lehrerinnen nimmt zu: Eine der rund 10 Kopftuchträgerinnen, die vor den Sommerferien noch verhüllt unterrichtete, ist Renate Karaoglan. Die zum Islam konvertierte Deutsche, die an einer Sonderschule in Dortmund arbeitet, hat nach taz-Informationen ihr Kopftuch abgelegt. Auch in Düsseldorf steht eine ehemals kämpferische Kopftuchträgerin jetzt unverhüllt vor ihren Schülerinnen, um ihre Suspendierung zu vermeiden (taz berichtete). Rektor Günter Stauf und sein Kollegium hatten noch bis zur letzten Minute dafür gekämpft, dass sie ihr Kopftuch aufbehalten durfte. Stauf hätte sich gerne noch länger mit dem Ministerium gestritten, denn er hält das Gesetz für fragwürdig: „Entweder müssten alle religiösen Symbole aus der Schule verbannt werden – oder keines“, sagte er der taz.