Abhängen verboten

Die CDU will Städten ein härteres Vorgehen gegen Drogenabhängige ermöglichen. Erst 2003 hatte die alte Regierung die kommunale Verweis-Praxis entschärft – warum weiß heute niemand mehr

VON KATHARINA HEIMEIER

Die CDU will die Sanktionsmöglichkeiten der nordrhein-westfälischen Städte gegen Drogenszenen verschärfen. „Wir wollen die Kommunen wieder in die Lage versetzen, Aufenthaltsverbote aussprechen zu können“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Theo Kruse, gestern der taz.

Die derzeitige Gesetzeslage sieht vor, dass die Ordnungsämter nur so genannte kurzfristige Platzverweise verhängen können. Langfristige Aufenthaltsverbote bis zu drei Monaten darf nur die Polizei anordnen. Bis 2003 hatten auch die Städte diese Möglichkeit – und machten reichlich Gebrauch davon. Seit 1997 wurde beispielsweise in Düsseldorf 2724 Mal Drogenabhängigen für längere Zeit verboten, sich vor dem Bahnhof aufzuhalten. „Der Vorplatz war damals in Ordnung“, sagt Herbert Windhövel, Referent im Düsseldorfer Ordnungsamt.

Das änderte sich, als die frühere Landesregierung im Jahr 2003 das Polizei-Gesetz novellierte und den Städten das Instrument der Aufenthaltsverbote nahm. Inzwischen ärgert man sich in Düsseldorf wieder über eine verstärkte Drogenszene am Hauptbahnhof. „Mit Platzverweisen können wir nicht viel ausrichten – die gelten nur einen Tag“, sagte Windhövel.

Der Knackpunkt der Verweis-Praxis ist der Paragraph 34 Absatz 2, den Rot-Grün im Jahr 2003 im Polizei-Gesetz verankerte – nicht aber im Ordnungsbehördengesetz. Er sieht ein bis zu dreimonatiges Aufenthaltsverbot vor. An die Gründe für diese Änderung kann sich heute keiner mehr erinnern. Weder SPD noch Grüne sahen sich gestern in der Lage, Stellung zu beziehen. Wolfgang Beus, Sprecher des Innenministeriums, sagte: „Ich weiß nicht, ob es vergessen oder nicht bedacht wurde.“

Bei der Stadt Düsseldorf zumindest zweifelt man leise an der Version eines formalen Fehlers. Dort fragt man sich, „ob das bewusst eingeführt wurde oder wirklich nur ein Fehler war“, wie Windhövel sagt.

Drogenberatungsstellen stellen unterdessen die generelle Wirkung von Verweisen in Frage. „Die Szene löst sich dadurch nicht auf, sondern verschiebt sich nur“, sagte Wolfgang Schneider vom Münsteraner Institut zur Förderung qualitativer Drogenforschung, akzeptierender Drogenarbeit und rationaler Drogenpolitik (INDRO). Die dadurch entstehenden Teilszenen wären noch schwieriger zu überwachen. In Münster sei man sich einig, dass es nichts bringe, die Drogenabhängigen „mit Platzverweisen durch die Stadt zu jagen“.

Auch bei der Düsseldorfer Drogenhilfe sieht man die Verweis-Praxis kritisch. „Es ist klar, dass eine Stadt einen properen Eindruck machen möchte, aber auch unsere Klientel hat ein Aufenthaltsrecht“, sagte Geschäftsführer Joachim Alxnat. Er sieht eine Chance im Drogenkonsumraum, der im November in Düsseldorf eröffnet wird. „Das wird ein Stück Entlastung bringen.“