Was gelernt

Bei den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern zeigten sich ARD und ZDFim Umgang mit NPD-Kandidaten deutlich souveräner als noch 2004

Von Steffen Grimberg

Am Tag danach hängt ein Hauch von Schulterklopfen über den Sendungen der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten: Ja, man hat sich am Wahlabend auch mit einem frisch in den Schweriner Landtag gewählten NPD-Spitzenkandidaten leidlich geschlagen. Souveräner jedenfalls, als das vor zwei Jahren beim Einzug der Rechten in die Landesparlamente von Sachsen (NPD) und Brandenburg (DVU) der Fall war. Damals wurden die Redebeiträge der Rechten abrupt unter- und am Ende das Gespräch bei den anstaltsüblichen „Elefantenrunden“ einfach abgebrochen.

Am Sonntagabend kam dagegen Udo Pastörs, Spitzenkandidat der NPD in Mecklenburg-Vorpommern, vernehmlich zu Wort. Allerdings nur bei den Öffentlich-Rechtlichen, die Privatsender hatten sich auf einen Rechts-Blackout versteift – um NPD & Co. keine Plattform zu bieten. Journalistisch ist das nicht, schon gar nicht in einem Land, dessen Bevölkerung sich – wie generell in Ostdeutschland – überwiegend beim Privatfernsehen informiert.

ARD, ZDF und der für Mecklenburg-Vorpommern zuständige NDR hatten sich im Gegensatz zu 2004 vorbereitet: Pastörs wurde in allen drei Runden hart zu seinem Verhältnis zu Neonazis und Nationalsozialismus befragt, mit eigenen Zitaten zu Hitler und dem einschlägigen Strafregister seiner nun gewählten Parteifreunde konfrontiert. Vom „Entzaubern“ ist in solchen Fällen immer die Rede, als ob von dem rhetorisch nicht eben brillanten Juwelier aus Niedersachsen auch nur der Hauch eines Zaubers ausgeht.

Immerhin ARD und NDR gelang es, Pastörs klar als Rechtextremen, der sich „unter bestimmten Aspekten“ (Pastörs im NDR) auch als Neonazi bezeichnen lässt und „Hitler wertfrei“ interpretiert (Pastörs in der ARD), vorzuführen. Beim ZDF scheiterte dagegen Peter Kranz mit wiederholten Nachfragen und entzog Pastörs schlussendlich das Wort – unschöne Reminiszenz an 2004. Und klare Parteilichkeit im unabhängigen Journalismus. So kann sich zumindest die NPD-Anhängerschaft auch weiterhin als Opfer der von ihnen so postulierten öffentlich-rechtlichen „Feindmedien“ fühlen – zu deutlich wich dieses Anfassen mit der Kneifzange vom braven Umgang mit den anderen Parteioberen ab.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Hier wird keinem rechtsdrehenden Weichspülgang das Wort geredet. Vielmehr könnte in den Sendern die Erkenntnis reifen, dass solche Phrasenrunden auch ohne Rechtsaußen-Problematik Unsinn, weil erkenntnisfrei sind. Sie bringen genauso wenig wie die alarmistischen Kommentare der großen Sender. Da sah Peter Frey, Hauptstadtstudio-Chef des ZDF, „in Mecklenburg-Vorpommern wie schon in Sachsen ganze Landstriche für die Demokratie wegbrechen“. „Ganze Landstriche, ganze Milieus wenden sich ab von der Demokratie“, sekundierte NDR-Chefredakteur Volker Herres in der ARD. Und für den Schweriner NDR-Landesfundkhauschef Gerd Schneider bleibt die „Wählerabstrafe“ im „Lamenti“ hängen. Weiterführend ist das nicht.

Und so oblag es diversen Grünen wie Werner Schulz bei „Christiansen“, der verlogenen Aufregungskonjunktur etwas entgegenzusetzen: grundsätzlichere, breitere Berichterstattung nämlich. Hier und da gibt es sie durchaus – am letzten Mittwoch brachte das NDR-Medienmagazin „Zapp“ einen so beeindruckenden wie bedrückenden Beitrag über den Umgang der NPD mit der Pressefreiheit und unabhängigen Medien. Anzusehen unter www.ndr.de/zapp.