Koalitionspoker
: Wowereit hat’s keineswegs leicht

In einem Punkt ist Klaus Wowereits Freudentaumel nachvollziehbar. Auch in der kommenden Legislaturperiode wird er unbestritten Regierender Bürgermeister bleiben. Das ist aber schon alles. Denn wenn der scheinbar Allmächtige glaubt, beim Koalitionspartner habe er freie Wahl, hat er sich gewaltig geirrt.

KOMMENTAR VON FELIX LEE

So siegesgewiss Wowereit momentan seine Muskeln gegenüber Linkspartei und Grünen spielen lässt, leisten kann er sich das nicht. Egal ob Rot-Rot oder Rot-Grün – seine Mehrheit im neuen Abgeordnetenhaus ist in beiden Varianten hauchdünn. Zwei Abtrünnige genügen, schon droht dem Regierenden eine ähnliche Schmach wie seiner schleswig-holsteinischen Parteifreundin Heidi Simonis 2005.

Abtrünnige könnte es sowohl bei der Linkspartei als auch bei den Grünen geben. Denn nach dem desaströsen Wahlergebnis für die Linkspartei können sich deren Verhandlungsführer nicht leisten, sich von der SPD über den Tisch ziehen zu lassen.

Auch die Führungsriege der Grünen kann noch so stark auf Regierungsposten schielen. Allein aus dem linken Bezirksverband Friedrichshain-Kreuzberg ziehen 5 Vertreter ins Abgeordnetenhaus, von denen einige bereits angekündigt haben, ihre Stimme zu verweigern, sobald sie ihre Anliegen nicht ausreichend berücksichtigt sehen.

Aufspielen kann sich Wowereit momentan eigentlich nur gegenüber der CDU. Die ist nach ihrer Wahlniederlage so weich gekocht, dass deren Spitzenkandidat Friedbert Pflüger schon aufjauchzt, sobald er von einem SPD-Abgeordneten nur angelächelt wird. Die skandalumwitterte große Koalition hat zwar auch die SPD-Basis nicht vergessen. Auszuschließen ist Schwarz-Rot aber nicht. Zugegeben: Es wäre die gruseligste Konstellation.