Venezolaner sind akut glücklicher

betr.: „Es gibt hier keine Armen?“, taz vom 20. 9. 06

So leicht wegdiskutieren dürfen die Autoren den Blick auf die Armut der armen Länder nicht. Man kann in Zeiten der Globalisierung diese fremde Armut nicht mehr so behandeln, als sei sie weit weg. Es sind ja die Armen des Südens selbst, die zu uns kommen und unsere Armutsdiskussion verändern. Das inszenieren ja nicht nur irgendwelche fiesen neoliberalen Typen.

Dann gibt es auch die nicht ganz so armen Länder Mittelamerikas. Von denen kann man massiv lernen, wie Glück entsteht und wann Zufriedenheit aufkommt. Jedenfalls nicht durch Geld und nicht durch das Bruttoinlandsprodukt. Beispiel Venezuela: Dessen Einwohner rangieren im globalen Glücks-Ranking auf Platz 25 (von 177 Ländern), die Deutschen aber auf dem 35. Platz. Der Ökologische Fußabdruck der Venezolaner ist dabei nur halb so groß wie der der Deutschen; und sie haben ein Bruttoinlandsprodukt von einem Drittel des deutschen. Sie sind damit akut glücklicher als wir, aber sie sind noch mehr: zukunftsfähig glücklich. Die Frage ist nicht von der Hand zu weisen, ob nicht auch in Deutschland ganzes Glück zu haben sein können muss mit einem Drittel, mit der Hälfte von jetzt.

HANS-PETER GENSICHEN, Lutherstadt Wittenberg