Tschechien bleibt weiter unregierbar

Nachdem die ohnehin nicht existierende Regierung nun auch noch zurückgetreten ist, weiß keiner, wie es weitergehen soll. Um die Pattsituation im Parlament zwischen den beiden Blöcken zu brechen, könnte Präsident Vaclav Klaus Neuwahlen anstreben

AUS PRAG ULRIKE BRAUN

Heute beginnt in Tschechien eine weitere Runde in der Suche nach einer neuen Regierung. Nach einer Amtszeit von knapp fünf Wochen hat das Kabinett von Ministerpräsident Mirek Topolanek gestern Nachmittag seinen Rücktritt eingereicht. Die konservative Regierung war gescheitert, als sie vergangene Woche eine Vertrauensabstimmung im Parlament verlor. Jetzt liegt der Ball bei Präsident Vaclav Klaus. Er muss bestimmen, wer als nächstes eine Regierung bilden und im Parlament eine Mehrheit finden soll. Bis dahin wird Topolanek die Regierungsgeschäfte weiterführen.

Seit den Wahlen am ersten Juniwochenende tun sich die Tschechen schwer, eine Regierung zu bilden. Denn die Wahlen haben zu einer Pattsituation geführt, aus der es kein Entkommen gibt, zu sehr sind die beiden Blöcke im 200-köpfigen Parlament miteinander verfeindet. Auf der rechten Seite sitzen die 100 Abgeordneten der konservativen Bürgerpartei (ODS), der Christdemokraten (KDU-CSL) und der Grünen (SZ). Ihr gegenüber steht die linke Seite, die 100 Mandate der Sozialdemokraten (CSSD) und der Kommunisten. Zusammen können sie nicht kommen. Eine große Koalition zwischen ODS und CSSD lassen beiderseitige Antipathien nicht zu. Grüne und Christdemokraten haben, jedenfalls bislang, einer CSSD-Minderheitsregierung die Unterstützung verweigert, da diese von den Stimmen der Kommunisten abhängig wäre.

Eine Dreierkoalition aus ODS, Christdemokraten und Grünen war zwar kurz nach den Wahlen im Gespräch, scheiterte aber an den politischen Ambitionen des ODS-Vorsitzenden Topolanek.

Jetzt hofft dessen Widersacher, der CSSD-Chef Jiri Paroubek, Präsident Klaus werde als nächstes ihn mit der Regierungsbildung beauftragen. Doch das ist zweifelhaft. Zu real ist die Möglichkeit, dass Paroubek einen Überläufer ködern und beim Vertrauensvotum eine Mehrheit erringen könnte. Paroubek hat angekündigt, in diesem Fall die gesamte Legislaturperiode aussitzen zu wollen, selbst wenn seine Regierung dabei von den kommunistischen Stimmen abhängig wäre.

Präsident Klaus wird kaum in die Geschichte eingehen wollen als derjenige, der 17 Jahre nach der „Samtenen Revolution“ den Kommunisten das Hintertürchen zur Macht öffnet. Wahrscheinlicher ist, dass er versuchen wird, den Weg zu Neuwahlen zu ebnen.