Kurs Saarland

Der designierte ARD-Chef Fritz Raff druckst in der Gebührendebatteherum und greift ausgerechnet seinen Retter Günter Struve an

von STEFFEN GRIMBERG

Der heiße Dampf um die nun doch nicht gekippte Rundfunkgebühr für Computer und andere „neuartige Empfangsgeräte“ hat sich noch nicht ganz verzogen, da meldet sich der designierte ARD-Vorsitzende Fritz Raff zu Wort. Doch zu klaren Worten konnte sich der Intendant des Saarländischen Rundfunks in seinem Wochenendgespräch mit der Nachrichtenagentur dpa offenbar nicht durchringen.

„Wir müssen mit Blick auf die Gebührenakzeptanz prüfen, ob die geräteorientierte Gebühr in der digitalen Welt mit ihren zahlreichen stationären und mobilen Empfangsgeräten noch eine Zukunft hat“, gibt Raff zu Protokoll – und fällt damit sogar noch hinter den aktuellen Stand der Debatte zurück. Die Gerätegebühr ist mausetot, wenigstens das könnte die ARD doch schon mal im Interesse der nun anstehenden Debatte zugeben.

Längst liegen auch zwei Reformmodelle auf dem Tisch: Die Grünen haben einen detaillierten Plan vorgestellt, die Rundfunkgebühr in eine Haushaltsabgabe umzubauen, welche weiterhin von der GEZ eingezogen würde. Die FDP wirbt dagegen für ein Pro-Kopf-Modell (taz berichtete). Solche generellen Abgaben könnten bei der EU-Kommission in Brüssel allerdings neue Schwierigkeiten für ARD und ZDF bedeuten. Schon heute ist man dort nicht besonders gut auf die Finanzierung der deutschen Öffentlich-Rechtlichen zu sprechen. Unter anderem, weil sich die Anstalten weiter um eine klare Grenzziehung zwischen ihrer öffentlich-rechtlichen Rolle und ihrem privatwirtschaftlichen Auftreten mit den vielen Produktions- und Werbetöchtern herumdrücken. So stehen sie weiter unter Generalverdacht, die Rundfunkgebühr sei eher eine versteckte Subvention. Eine Haushaltsabgabe, fürchtet auch NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), könne diese Auseinandersetzung weiter anheizen: „Gilt die Abgabe am Ende als Steuer? Ist sie eine Beihilfe oder eine Subvention?“, fragt der im aktuellen Spiegel. Und mahnt, das Ganze dürfe „kein Schnellschuss werden“.

Immerhin darum braucht man sich mit Blick auf Raff bislang keine Sorgen zu machen. Zu all diesen Fragen findet sich bei dem Mann, der ab Januar für zwei Jahre den größten öffentlich-rechtlichen Senderverbund der Welt führen wird – nichts.

Doch immerhin eine Sache schreibt Raff der ARD ins Stammbuch, die zu einem echten Paradigmenwechsel taugt: „Unsere absolute Stärke liegt im regionalen Hörfunk“, sagte der Chef einer der kleinsten ARD-Anstalten der dpa: „Da sind wir publizistisch unverzichtbar.“ Ein Abschied vom Durchregieren der großen Tanker von WDR bis NDR und BR? Eine Rückbesinnung auf die alte Vielfalt, auch im Radio und gerade im Regionalen? Raffs Motto für seine Amtszeit jedenfalls laute: „Die ARD ist mehr als das Erste.“

Auf den ersten Blick zeugt das von einer gewissen Chuzpe gegenüber den finanzstarken großen Partnern von Köln bis München, bei denen inoffiziell immer mal wieder die Existenzberechtigung der Kleinstanstalten im Saarland und in Bremen in Frage gestellt wird. Fragt sich bloß, was Raff hier wirklich durchsetzen kann.

Zumal etwas ganz anderes noch Erschwerend hinzukommt. Dass Raff trotz jüngster ARD-Skandale weiter Kandidat für den Anstaltsvorsitz bleiben konnte, verdankt er ausgerechnet dem inoffiziellen Hausherrn im Ersten, ARD-Programmdirektor Günter Struve. Als der nämlich unlängst die alleinige Verantwortung für die absurden Zusatzhonorarverträge für den Radprofi Jan Ullrich übernahm, rettete er damit nicht nur die Haut von Sportkoordinator Hagen Boßdorf. Sondern auch die Kandidatur von SR-Intendant Fritz Raff, dessen Haus nach der ARD-internen Arbeitsteilung für den Radsport zuständig ist – und diese Verträge abgeschlossen hatte.