DIE VERSCHÄRFUNG DES PLANUNGSRECHTS WAR VÖLLIG UNNÖTIG
: Schneller planen, gleich lange warten

Das Gesetz ist eine Provokation und doch nur billige Symbolik: Gestern hat das Bundestag eine Neuregelung zur beschleunigten Planung von Infrastrukturvorhaben beschlossen. Bis zu zwei Jahre will die große Koalition bei der Planung von Straßen, Schienen und Wasserwegen gewinnen, indem Rechtswege und Fristen für die Beteiligung von Umweltverbänden verkürzt werden.

Doch viele Beschleunigungsregeln und kurze Fristen, die nach der Wende zunächst nur in Ostdeutschland galten, sind längst ins westdeutsche Planungsrecht übernommen worden. Der Hauptunterschied zwischen Ost und West bestand zuletzt fast nur noch darin, dass es im Osten bei wichtigen Planungsverfahren nur eine Instanz gab: das Bundesverwaltungsgericht. Dieser kurze Prozess soll nun auch im Westen gelten. Dies kann der Umwelt schaden, aber auch nutzen – je nachdem, wie die Leipziger Richter im konkreten Fall entscheiden. Weder Behörden noch Umweltschützer können noch in Revision gehen. Grundsätzlich dürften bei komplizierten Rechtsfragen zwei Instanzen zwar sinnvoller sein. Andererseits ist eine schnelle Klärung der Rechtslage aber auch ein Vorteil.

Die Auswirkungen der Neuregelung sind ohnehin beschränkt. In der Regel sind Prozesse um Planungsverfahren im Westen auch heute schon nach einer Instanz zu Ende. Nur bei 5 Prozent gibt es eine Revision. Außerdem kann in Ost und West bereits während des Gerichtsverfahrens gebaut werden – wenn die Richter keine einstweilige Verfügung erlassen. Aussichtslose Klagen können auch heute schon wenig Verzögerung erreichen.

Hauptbremse bei der Verwirklichung von Bauvorhaben ist nicht das Planungsrecht, sondern Geldmangel. Vorhaben im Wert von 48 Milliarden Euro sind planfestgestellt und warten auf Verwirklichung, teilweise schon seit Jahren. Mit dem neuen Gesetz wird ein Einsatz für Arbeitsplätze vorgetäuscht, die nicht realisiert werden können. Ein Konflikt zwischen Umwelt und Ökonomie wird aufgebauscht, damit sich die große Koalition profilieren kann. Wer nicht mehr zu bieten hat, muss zu Spiegelfechtereien greifen. CHRISTIAN RATH