Wenig Firmensteuer

AUS BERLIN HANNES KOCH

Nach der Rente mit 67 und der Gesundheitsreform bringt die große Koalition ein drittes wichtiges Vorhaben auf den Weg. Die Fachleute von Union und SPD haben sich auf die Grundzüge der Unternehmensteuer-Reform geeinigt. Unternehmer können sich darüber freuen: Körperschaft- und Gewerbesteuer werden gesenkt, die Firmen ab 2008 um 5 Milliarden Euro pro Jahr entlastet. Um die endgültige Einigung zu verabreden, kommen heute Nachmittag die Verhandlungsführer zusammen: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU).

Bereits klar ist, dass die Gewinnsteuer für Kapitalgesellschaften (AGs, GmbHs) von heute 25 auf 15 Prozent sinken soll. Auch die Belastung durch die Gewerbesteuer, die den Kommunen zugute kommt, wird reduziert. Hier sinkt die so genannte Gewerbesteuermesszahl, die die Steuerhöhe mitbestimmt, von heute 5 auf 3,5 Prozent. Die durchschnittliche Steuerlast für Kapitalgesellschaften würde von heute 38,6 auf knapp 30 Prozent sinken.

Damit nicht nur die großen und international tätigen Konzerne Vergünstigungen erhalten, haben sich Union und SPD auch Verbesserungen für die meist mittelständischen Personengesellschaften (GbR, OHG, KG) ausgedacht. Für einbehaltene Gewinne, die im Unternehmen bleiben, sollen sie künftig denselben niedrigen Steuersatz zahlen wie die Kapitalgesellschaften. Wenn die Überschüsse hingegen an die Eigentümer ausgeschüttet werden, müssen diese nach wie vor die höhere Einkommensteuer entrichten.

Als Begründung für die ganze Operation führt die große Koalition an, dass die Steuersätze in den meisten anderen Industrieländern niedriger liegen als in Deutschland. Auch funktionierende Sozialstaaten wie Schweden und Finnland haben mittlerweile geringere Unternehmensteuersätze als Deutschland. Damit die Firmen ihre Gewinne nicht ins Ausland schaffen, müsse das deutsche Finanzsystem konkurrenzfähiger werden, heißt es.

Die Reform soll die Unternehmen bei den Steuersätzen um rund 29 Milliarden Euro pro Jahr entlasten. 24 Milliarden wollen Union und SPD aber gleich wieder einkassieren. Die Politiker wollen es den Managern erschweren, ihre in Deutschland realisierten Gewinne zu verschleiern und steuerfrei ins Ausland zu transferieren. Bestimmte Kostenpositionen wie Zinszahlungen, Mieten, Pachten und Leasingraten, mit denen die Unternehmen bisher ihre Gewinne kleinrechnen, sollen die Finanzämter nicht mehr in vollem Umfang anerkennen. Eine derartige Lösung, die Steinbrück und Koch heute noch beschließen müssen, wird als „Zinsschranke“ bezeichnet. Stellt man die Entlastungen den neuen Belastungen gegenüber, bleibt für die Unternehmen zunächst ein Vorteil von 5 Milliarden Euro pro Jahr.

Auch um die Kritik aus den eigenen Reihen zu dämpfen, loben beide Seiten den erreichten Kompromiss. CDU-Finanzexperte Otto Bernhard preist die Entlastung für die Personengesellschaften. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß verweist unter anderem darauf, dass die Verschleierung von Gewinnen erschwert werde. Das schützt die SPD-Fraktionsspitze freilich nicht vor dem Unmut der SPD-Linken. „Die Entlastung in Höhe von 5 Milliarden Euro entspricht nicht dem Versprechen der Aufkommensneutralität“, sagte gestern der SPD-Abgeordnete Erwin Runde der taz. Ein Parteitag der SPD hatte beschlossen, dass die Steuerreform „annähernd aufkommensneutral“ sein müsse, also fast nichts kosten dürfe. Die Parlamentarische Linke der SPD hatte die maximal tragbaren Kosten mit 1 Milliarde Euro beziffert. Weil die Steuereinnahmen zurzeit sprudeln, wäre die Finanzierung der Reform gegenwärtig kein Problem. Da sie aber erst 2008 in Kraft treten soll, kann es sein, dass sie dann ein beträchtliches Loch in den Haushalt reißt.