Deutschland-Blog

Radio im Internet gibt es schon lange. Jetzt dreht der Deutschlandfunk den Spieß um und macht ab kommendem Samstag Internet im Radio

AUS BERLIN MICHAEL SCHMIDT

Das neue Hörfunkstudio ist zwar noch nicht einmal ganz fertig, aber Deutschlandradio hat gestern schon die Zukunft verkündet: blogspiel:blogs mit Radioanschluss nennt sich das interaktive Verhikel, das nun endgültig das gutle alte Dampfradio mit dem Internet verbinden soll.

Auf der Internetplattform www.blogspiel.de können Mitspieler selbstproduzierte Hör-Beiträge in mp3-Form, sogenannte Audioblogs, hochladen. Die dürfen ganz unterschiedlicher Art sein – von persönlichen Tagebucheinträgen über private Radioshows bis hin zur einen Klangkunst ist alles möglich. Jeder Besucher der Seite kann sich dann diese Hörstückchen anhören. Praktischerweise ist ein entsprechender Player gleich auf der Seite integriert, eine schnelle Internetverbindung wird heutzutage natürlich vorausgesetzt.

Über den besten Beitrag darf dann auch einmalig pro Woche abgestimmt werden, pardon – „gevotet“ werden, so heißt das mittlerweile auch beim gern als leicht schnarchig verschrienen Deutschlandradio. Der Gewinner dieses Spot-Rankings wird dann immer samstagnachmittags im Deutschlandradio Kultur den Hörern vorgestellt. Für den Hersteller des Beitrags gibt es sogar ein der Länge entsprechendes, brachenübliches Honorar.

Ebenfalls Bestandteil der Sendung, die am Samstag um 16.30 Uhr erstmals on air und ins Netz geht, ist ein Studiogast, mit dem Trends in den eingeschickten Audioblogs und der gesamten Blogosphäre, also der unendlichen Vielfalt aller im Internet auffindbaren Blogs, betrachtet werden. Den Bloggern wollen die Macher noch zusätzlich Hilfestellung zum professionellen Produzieren ihrer Beiträge liefern, indem sie Links zu kostenfreien Geräuschdatenbanken, Audiobearbeitungsprogrammen und rechtefreier Musik liefern. So will sich der Deutschlandfunk auch an der Möglichkeit einer Blogschule versuchen und die Qualität der Beiträge stetig steigern.

Die Frage, inwieweit eingesandte Beiträge letztlich einer redaktionellen Auswahl unterzogen werden, können die Verantwortlichen bisher allerdings noch nicht genau beantworten. Man werde die Blogs natürlich im Rahmen der Gesetze zu kontrollieren haben, allerdings erwartet derzeit niemand Probleme mit extremistischen oder pornografischen Beiträgen: Die Community sei im Allgemeinen nicht so veranlagt, wie man auch an den diversen bisher im Internet auffindbaren Blogs jeglicher Art sehen könne, sagt Wolfgang Hagen, Leiter der Hauptabteilung Kultur/Musik.

Generell gilt es, die Barrieren so niedrig wie möglich zu halten – gerade auch, um die stark beachtete Community nicht zu verschrecken. Diese, so scheint es, soll damit auch vorrangig als neue Hörerklientel gewonnen werden. Denn „die User lernen durch das Podcast die Radiosender erst wieder kennen“, hofft Programmdirektor Günter Müchler.

Über die Zukunft dieses Projekts werden letztlich die Qualität der Blogs und das Urteil der bisherigen Radiohörer, die dann ja auch im Wochenprogramm mit den Gewinnerblogs konfrontiert werden, entscheiden.

Vielleicht läuft das Programm noch Jahre, vielleicht aber auch nur Monate, das weiß bisher noch niemand. Intendant Ernst Elitz: „Wir machen eben Experimente, und das ist auch unser Auftrag.“ Der Auftrag einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt ist allerdings auch, im Internet lediglich begleitende Informationen zu seinem Programm zur Verfügung zu stellen. Fraglich ist hierbei allerdings, was nun was begleitet.