Bauernaufstand gegen dumme Werbung

Viele Landwirte zahlen die Zwangsabgabe an die Centrale Marketing-Gesellschaft (CMA) nur noch unter Vorbehalt. Wenn das Bundesverfassungsgericht ihnen Recht gibt, bricht der CMA die Hälfte ihrer Einnahmen weg. Jetzt soll der Staat dafür bürgen

VON MAIKE BRZOSKA

Georg Heitlinger hat eine Lawine losgetreten. Der Geflügelzüchter aus dem Breisgau klagte gegen die Beiträge an die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA). „Die Werbung nützt mir nichts und ist sexistisch“, kritisiert Heitlinger. Gemeint sind Sprüche wie „Wo ist der Mann, der mir was brät“ oder „Ich mag’s am liebsten mit jungem Gemüse“.

Das Kölner Verwaltungsgericht gab dem Kläger im Juni recht. Mit gravierenden Folgen. Viele Landwirten wollen die Abgabe nicht mehr zahlen. „Das könnte das Aus für die CMA bedeuten“, sagt Michael Lohse vom Deutschen Bauernverband.

Die Sonderabgabe ist gesetzlich vorgeschrieben. Mit dem Geld wirbt die CMA für deutsche Agrarprodukte. Geflügelzüchter Heitlinger muss jährlich 3.500 Euro zahlen, das sind 0,4 Prozent vom Umsatz. Das Kölner Gericht begründete seinen Entschluss damit, dass Werbung mit nationalen Gütesiegeln wie „Aus deutschen Landen“ vom Europäischen Gerichtshof bereits 2002 verboten wurden. Damit fehle der Abgabe die Berechtigung. Das Verwaltungsgericht verwies den Fall gleichzeitig an das Bundesverfassungsgericht, das die gesetzliche Grundlage der Sonderabgabe aufheben müsste. Die Richter beziehen erst 2008 Stellung. So lange müssen die Bauern für „Schneid’ Dir was aus den Lendchen“ weiter zahlen.

Das lassen sich viele Bauern aber nicht mehr bieten und reichten mit der Abgabe Widerspruch gegen ebendiese ein. Die Fachzeitschrift Unabhängige Bauernstimme ruft in ihrer Novemberausgabe sogar offiziell zum Boykott auf. Die CMA hat neben dem Image- nun auch ein Geldproblem: Das „Widerspruchsgeld darf sie nämlich nicht ausgeben. Denn es wird zurückgezahlt, wenn das Verfassungsgericht das Gesetz kippt. Für 2007 und 2008 stehen ihr deshalb nur 50 Millionen Euro zur Verfügung – halb so viel wie in der Vergangenheit. Hinter der CMA stehen jedoch einflussreiche Spitzenverbände der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft. Gerd Sonnleitner, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, fordert beispielsweise vom Staat eine Bürgschaft für das Widerspruchsgeld. Damit stände es der CMA zur freien Verfügung. Sonnleitner argumentiert: „Die Finanzierung ist vom Gesetzgeber geregelt, deshalb muss dieser auch dafür geradestehen.“ Eine staatliche Bürgschaft bedeutet, dass der Steuerzahler für das Geld aufkommt, wenn das Verfassungsgericht die Abgabe abschafft und die Bauern ihr Widerspruchsgeld zurückbekommen. Geflügelzüchter Heitlinger vermutet, dass so „Druck auf das Gericht ausgeübt werden soll, wenn der Bund für 200 Millionen oder mehr geradestehen muss“. Die Möglichkeiten einer Bürgschaft werden geprüft, erklärt das Landwirtschaftsministerium.

Jutta Jaksche vom Bundesverband Verbraucherzentrale plädiert dafür, die CMA zu erhalten, allerdings sollte sie sich „auf Aufklärung und Qualität konzentrieren anstatt auf Werbung, die hauptsächlich der CMA als Institution zugutekommt“.