Symbolisches Urteil

Kriegsverbrecher Heinrich Nordhorn wird von einem italienischen Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt

62 Jahre sind vergangen, seit Heinrich Nordhorn in Oberitalien an der Erhängung von zehn italienischen Gefängnisinsassen beteiligt war: Es war ein Kriegsverbrechen. Das Militärgericht von La Spezia verurteilte den 86-Jährigen am späten Freitagabend in Abwesenheit zu einer lebenslangen Haft. Ein Symbol und ein Hauch von Genugtuung für die Hinterbliebenen des Massakers.

Nach Kriegsende lebte der Bauunternehmer Nordhorn im münsterländischen Greven. Er galt als „unbescholtener Bürger“ und saß sogar für die CDU im Warendorfer Kreistag. Vor zwei Jahren begann die Dortmunder Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen gegen Nordhorn. Entscheidend für die deutsche Justiz sei, ob „eine besondere Grausamkeit der Verbrechen“ vorgelegen habe. Dann müsse er die Strafe antreten, sagte der Sprecher der Zentralstelle für NS-Verbrechen bei der Staatsanwaltschaft, Christoph Göke, am Freitag. Ferner müsse über die Haftfähigkeit des 87-Jährigen entschieden werden.

Der Rentner wird vermutlich verschont bleiben. „Deutschland liefert verurteilte Personen nicht an andere Länder aus“, sagt der Kölner Judaistik-Professor Carlo Gentile. Probleme könne es allenfalls geben, wenn Nordhorn ins Ausland reise und an der Grenze festgenommen werde, so Gentile. Doch bei einem 87-Jährigen dürften sich die Reiseaktivitäten in Grenzen halten.

Die Exekutionen fanden im September 1944 in den Orten Branzolino und San Tomé in der Region Forli statt. Nordhorn übte als Mitglied der „Schweren Heeres-Panzerjägerabteilung 525“ der deutschen Wehrmacht Rache für zwei Überfälle auf deutsche Soldaten. Unter den Opfern hätten sich Augenzeugenberichten zu Folge damals neben Partisanen auch Bewohner des besetzten Gebietes befunden. Menschen der Region um Forli seien zudem gezwungen worden, bei den Exekutionen zu helfen. Einige wurden nun als Zeugen vorgeladen.

„Der Prozess dürfte einer der letzten seiner Art sein“, sagt Carlo Gentile. Die Verfahren seien sehr teuer und Täter wie Opfer würden immer älter. Mitte der 1990er Jahre wurden in La Spezia zehn ehemalige Angehörige der SS in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Sie hatten in der Toskana 560 Menschen ermordet. Unter den Tätern waren auch der Krefelder Horst Richter und Alfred Schöneberg aus Düsseldorf. Beide blieben von der Haft verschont

HOLGER PAULER