randnotizen aus dem us-wahlkampf (6)
: Schwuler Callboy outet evangelikalen Homofeind

Wie lautet die Steigerungsform von „öffentlich Wasser predigen und heimlich Wein trinken“? Die Antwortet muss heißen: Pastor Ted Haggard. Der evangelikale Superstar aus dem US-Bundesstaat Colorado erfreut sich seit dem Wochenende nicht mehr nur der Aufmerksamkeit seiner 14.000 Schafe aus der „New Life“-Kirche – sondern gleich der Aufmerksamkeit aller TV-Nachrichtenkanäle der USA. Dabei geht es durchaus um eine Frohe Botschaft – wenigstens für die Demokraten. Insbesondere für die GegnerInnen des Verbots der Homoehe.

Nun aber erst einmal ein paar glaubenerschütternde Fakten: Haggard, einer der US-typisch gut aussehenden Evangelikalen, hat fünf Kinder, eine hübsche Frau, eine Riesenkirche und ist Präsident des Nationalen Verbandes der Evangelikalen, der rund 30 Millionen dieser Nervensägen vertritt. Irgendwie scheint ihm Gott aber die Kraft der zwei Herzen geschenkt zu haben, denn er soll es, halleluja, mit einem schwulen Bodybuilder und Callboy getrieben haben. Der Teufel will ihn aber nicht nur einmal versucht haben. Drei Jahre soll der professionelle Beelzebub regelmäßig gekommen sein – und gelegentlich sogar eine Probepackung Methamphetamin mitgebracht haben. Selbstverständlich hat Haggard Homosex, Drogen, Ehebruch, Lügen, die Homoehe und die Demokraten stets lautstark zu Todsünden erklärt. Außerdem ist er ein glühender Verfechter des in Colorado zur morgigen Kongresswahl ebenfalls anstehenden Referendums gegen die Homoehe.

Der Callboy Michael Jones packte aus, nachdem er erfahren haben will, wer Haggard wirklich ist. Den Medien, die sich auf ihn stürzten, gestand der 50-jährige Haggard daraufhin, er habe von einem schwulen Prostituierten Methamphetamin gekauft, die Substanz dann aber „weggeworfen“. Sex will er ebenso wenig gehabt haben, sondern Jones nur für „eine Massage oder so“ aufgesucht haben. Anständig wie er ist, gab er gleich sein Präsidentenamt auf. Stunden später feuerte ihn seine Kirche.

Christliche Fundamentalisten und konservative Werteschwafler sind „zutiefst erschüttert“. Haggard hatte häufig an Beratungen mit ranghohen Regierungsvertretern in Washington teilgenommen und erfreute sich der Sympathie des großen Christen George Bush. Der Sprecher des Weißen Hauses, Tony Snow, mahnte hektisch, dass die Affäre doch bitte nicht das Verhalten der Evangelikalen bei den Kongresswahlen beeinflussen dürfe. Na dann, Amen!

ADRIENNE WOLTERSDORF